Freie Wahl im Ortsnetz

Durch Call-by-Call im Ortsnetz dürften auch die Preise fallen -- aber lange nicht so stark wie bei den Ferngesprächen nach der Liberalisierung der Telecom-Märkte.

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Von
  • Dietmar Telser
  • dpa

Viele Telefonkunden lassen bei Ferngesprächen längst die Telekom links liegen. Sie wählen einfach die Vorwahlen anderer, oft billigerer Anbieter und bezahlen jedes einzelne Gespräch über ihre ganz normale Telefonrechnung. Vier Jahre nach der Liberalisierung des Telefonmarktes im Jahr 1998 sind diese so genannten Call-by-Call-Gespräche allerdings immer noch nur bei Ferngesprächen möglich -- doch das soll sich bald ändern. Auf Druck der Europäischen Kommission soll auch im deutschen Ortsnetz der Wettbewerb härter werden: "Wir gehen davon aus, dass Anfang Dezember auch Call-by-Call im Ortsnetz kommen wird", sagt Frank Bonaldo, Sprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) in Berlin.

Mit Beginn des Wettbewerbs bei Ferngesprächen im Jahr 1998 sorgten Call-by-Call-Anbieter für einen Preisrutsch um bis zu 95 Prozent. Im Ortsnetz dagegen bewahrte die Deutsche Telekom mit rund 97 Prozent Marktanteil im vergangenen Jahr ihre Monopolstellung. Daher kostet ein Ortsgespräch über die Deutsche Telekom in der Hauptzeit mit derzeit 3,1 Cent mehr als ein Auslandsgespräch bei einem Call-by-Call-Anbieter. Durch den kommenden Wettbewerb bei Ortsgesprächen könnten die Preise um 30 bis 60 Prozent fallen, prognostiziert eine Studie im Auftrag des Bundesverbandes der regionalen und lokalen Telekommunikationsgesellschaften (BREKO) in Bonn. Bereits am Markt aktive Call-by-Call-Anbieter könnten schließlich durch verhältnismäßig geringe Investitionen in den Kampf ums Ortsnetz einsteigen. "Die ersten Call-by-Call-Gespräche wird es wohl nicht vor Anfang des nächsten Jahres geben", schätzt BREKO-Geschäftsführer Rainer Lüddemann.

"Dennoch kann man nicht erwarten, dass es zu einem ähnlich starken Preisverfall wie 1998 kommen wird", sagt Lüddemann. Anders als bei Ferngesprächen sei bei den ohnehin niedrigen Ortsgesprächspreisen kaum Raum für Gewinne. "Besonders günstig wird es wohl nur dann, wenn Anbieter nicht Kosten deckend arbeiten." Wer im Ortsnetz sparen will, habe bereits heute die Möglichkeit, zu einem anderen Festnetzanbieter zu wechseln. In manchen Städten hätten alternative Anbieter schon einen Marktanteil von bis zu 20 Prozent.

Auch die künftigen Anbieter halten sich derzeit mit Versprechen zurück: Am ehesten sei während der teuren Hauptzeiten mit preiswerten Angeboten zu rechnen, schätzt Thomas Stormanns von Talkline ID in Bonn. Auf konkrete Preisangebote müssen Kunden aber wohl noch länger warten. "Unsere ersten Preisangebote wird es erst kurz vor Start geben", sagt Stormanns. Die Erfahrung habe gezeigt, dass von frühzeitiger Werbung vor allem die Konkurrenz profitiert -- indem sie etwa den Preis noch weiter senkt. Auf jeden Fall sollten sich Kunden in Zukunft über die Preise ihres gewählten Anbieters auf dem Laufenden halten, rät Carola Elbrecht vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Berlin: "Wie immer besteht bei Call-by-Call die Gefahr, dass Kunden zunächst mit günstigen Angeboten geködert werden und dann heimlich die Tarife geändert werden." (Dietmar Telser, dpa) / (jk)