Für Vivendi geht es ums Ganze
Nach knapp 100 Tagen im Amt will Vorstandschef Jean-René Fourtou morgen seinen mit Spannung erwarteten Sanierungsplan vorlegen.
Für den hochverschuldeten Medien- und Versorgungskonzern Vivendi Universal schlägt am morgigen Mittwoch die Stunde der Wahrheit. Nach knapp 100 Tagen im Amt will Vorstandschef Jean-René Fourtou seinen mit Spannung erwarteten Sanierungsplan vorlegen. Die Lage ist brisant, denn ein Schuldenberg von 36 Milliarden Euro lastet auf der gesamten Gruppe, allein in der Mediensparte sind es 19 Milliarden Euro.
Von seinem geschassten Vorgänger Jean-Marie Messier -- nicht gerade bekannt für Bescheidenheit -- hat Fourtou ein schweres Erbe übernommen. Nur durch einen Notkredit schrammte der Konzern in diesem Sommer knapp an der Zahlungsfähigkeit vorbei. Erst in der vergangenen Woche verschafften die Banken Vivendi durch einen neuen Kredit über 3 Milliarden Euro etwas Luft. Fourtou verliert keine Zeit, der Ausverkauf des Konzerns ist in vollem Gang.
Das Internet-Portal Vizzavi veräußerte er für 150 Millionen Euro, die Decoder-Sparte von Canal+ für rund 200 Millionen Euro. Zwischen 700 Millionen Euro und einer Milliarde Euro soll der Verkauf des italienischen Bezahl-Fernsehsenders Telepiu an die News Corp des australischen Medienmoguls Rupert Murdoch in die Kassen spülen.
Verhandlungen laufen zudem über die gesamte Verlagssparte, für die Angebote in dieser Woche abgegeben werden konnten. Die französischen Verlage könnten nach Einschätzung von Branchenkennern 1,5 Milliarden Euro einbringen und nochmals mehr als 1,5 Milliarden Euro wären durch den Verkauf des US-Verlagshauses Hougthon Mifflin möglich.
Doch Anteilseigner, Analysten und Gläubigerbanken fordern noch mehr. Sie wollen endlich eine klare Ausrichtung der gesamten Gruppe, deren Spektrum sich vom Abonnentenfernsehen (Canal+) über den weltgrößten Musikkonzern (Universal Music) bis zum Hollywoodstudio, dem Telefongeschäft (Cegetel/SFR) und dem führenden Wasserversorgungskonzern (Vivendi Environnement) erstreckt.
Fourtou will sich nach jüngsten Medienberichten auf das Kerngeschäft im Medien- und Telekommunikationssektor konzentrieren. Die gesamte Wassersparte Vivendi Environnement, an der Vivendi Universal noch rund 42 Prozent hält, könnte entgegen früherer Absichtserklärungen doch komplett abgegeben werden.
Schwer im Magen liegt dem hartgesottenen Sanierer Fourtou die US-Fernsehproduktions- und Kabel-TV-Sparte, die samt Hollywood- Filmstudio in der Vivendi Universal Entertainment (VUE) gebündelt ist. Dort hat Barry Diller als Chef das Sagen. Der beinharte US- Manager hatte noch im Dezember 2001 an Messier seine US-Kabelnetzgruppe USA Networks verkauft und sieht eine Chance, sie billigst zurückzuerwerben. Zudem kann er mit einem 1,8 Milliarden Euro schweren Kredit drohen, den VUE als kurzfristiges Darlehen dem Mutterkonzern gewährt hatte und der nun zurückgezahlt werden soll. Um das Maß voll zu machen, bereitet auch der in die USA abgewanderte Messier Ärger, der nach internen Angaben bis zu 20 Millionen Dollar Abfindung fordern könnte. Rechtzeitig zur Verwaltungsratssitzung traf er wieder in Paris ein, blieb jedoch über seine Gründe ungewöhnlich schweigsam. Für Spannung ist gesorgt. (Birthe Blechschmidt, dpa) / (tol)