Münchner Sicherheitskonferenz: Der Westen gegen Cyberangriffe und Fake News

Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland dominierte die Debatten der Münchner Sicherheitskonferenz und schlich sich auch in viele Technologiedebatten ein.

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(Bild: Tommy Lee Walker / Shutterstock.com)

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Von
  • Monika Ermert
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Die Vorbereitung auf digitale Angriffe muss digital sein. Die ehemalige estnische Präsidentin Kersti Kaljulaid riet bei der Münchner Sicherheitskonferenz zur Absicherung wichtiger öffentlicher Datenbestände durch Speicherung der Daten an weiteren, sicheren Orten. In solchen "Daten-Botschaften" sollte dann im Falle eines Angriffes auf die Daten zugegriffen werden können, sagte die estnische Politikerin.

Einen Einmarsch Russlands in der Ukraine erklärte die estnische Politikerin für äußerst unwahrscheinlich. Cyberattacken auf die beiden großen Banken und mehrere öffentliche Einrichtungen hat es dagegen am Montag, Dienstag und Mittwoch der vergangenen Woche bereits gegeben. Auf diese Angriffe gelte es, sich entsprechend technisch vorzubereiten, mahnte Kaljulaid. Wenn es nach der estnischen Politikerin geht, könnte dazu auch Blockchain-Technologien zur Absicherung der Daten genutzt werden.

Der republikanische US-Senator Rob Portman lobte in der Runde, die sich mit der "Dekodierung von Desinformation" befassen sollte, die offensive Strategie der US-Seite. Die USA hatten auf der Basis eigener Geheimdiensterkenntnisse davon gesprochen, dass mit Provokationen unter falscher Flagge zu rechnen sei. "Ich bin überzeugt, wenn wir diese Information nicht veröffentlicht hätten, dann hätte es diese False Flag-Angriffe bereits gegeben."

Portman ist einer der Initiatoren des 2017 gegründeten Global Engagement Center, einer im US State Department (Außenministerium) angesiedelten Aufklärungstruppe, die ausländische Propaganda als solche enttarnen soll. Obwohl unter der Trump-Administration gestartet, hat die Biden-Regierung das Gegenpropaganda-Zentrum behalten, zugleich aber vor kurzem noch einen ehemaligen CIA-Beamten für die Leitung von Abwehrmaßnahmen gegen ausländische Einmischungen in US-Wahlen eingesetzt.

Über die Ausstattung eines neuen "Foreign Malign Influence Center" durch Präsident Bidens National Intelligence-Direktorin Avril Haines wird noch gestritten, vor allem wegen Ausstattung und Budget, wie die New York Times Ende Januar berichtete. Portman beklagte finanzielle "Waffenungleichheit" des Global Engagement Center mit den Propagandisten aus Russland und China. China etwa gebe drei Milliarden Dollar für "Soft Power"-Einflussnahme aus, das Global Engagement Center verfüge lediglich über 80 Millionen US-Dollar. Natürlich verfüge man über weitere Kanäle wie Radio Free Europe and Radio Free Asia. "In Afrika haben wir praktisch nichts", so Portman bedauernd.

Margaritis Schinas, EU-Kommissar für die Förderung des europäischen Lebensstils, beschrieb Europas Antwort auf Desinformation als dreigeteilt. Einerseits gehe man regulatorisch gegen Desinformation vor, etwa mit möglicher Inhalteregulierung im Digital Service Act oder der umstrittenen Richtlinie zur Entfernung von Terrorinhalten. Zugleich scheue man sich nicht, "sich die Stiefel dreckig zu machen", sagte Schinas, der auch für Migration, Gleichheit und Diversität zuständig ist.

Als Beispiel nannte er die koordinierte EU-Abweisung von Flüchtlingen, die der belarussische Präsident offenbar durch falsche Informationen an Europas Außengrenzen gelockt hatte. Die Auseinandersetzungen an der Grenze in Polen haben laut Schinas auch die offensive Gegenwehr Europas demonstriert. Für die technische Gegenwehr gegen Cyberattacken soll künftig, wenn es nach der EU-Kommission geht, die EU Joint Cyber Unit, zuständig sein.

Über die effektivste Art, gegen Desinformation der Bevölkerung durch eigene oder fremde Regierungen und gegen die viel beklagten "Fake News" vorzugehen, herrscht keine Einigkeit bei den Politikern. In den USA werden, wie US-Demokratin Nancy Pelosi sagte, an der Änderung der Haftungsfreistellung für Plattformen gearbeitet, der Section 230 des Telecommunication Act. Zugleich sagte Pelosi, dass viele US-Amerikaner letztlich Opfer der Falschinformationen ihres eigenen Präsidenten geworden seien.

Die deutsche Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte deutlich, dass sie keine Möglichkeit sehe, Fake News durch Regulierung zu bekämpfen. Sie sei gespannt, so die ehemalige Justizministerin, wie der Digital Service Act hier ausgestaltet werde. Auch Kaljulaid nannte Fake News nicht regulierbar. Gegen Desinformation helfe nur eine aufgeklärte und skeptische Bürgerschaft und sichere Kommunikationskanäle, in denen sich die Bürger ihrer Meinung nach per eID identifizeren sollen. Zugleich aber könne der Staat in einer freien, demokratischen Gesellschaft die Bürger nicht vor sich selbst schützen, so Kaljulaid. "Sie haben auch das Recht auf Ruin."

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(tiw)