Zum World Quantum Day: Was bringen immer mehr Qubits?

Die Zahl der Qubits bei Quantenrechnern steigt schnell – ein echter Durchbruch ist aber noch nicht in Sicht. Start-ups wollen helfen.

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Die meisten Quantencomputer brauchen eine Kühlung mit extrem tiefen Temperaturen. Mischkryostate wie dieser hiermüssen deshalb weiterentwickelt werden, damit man mit ihnen auch Quantenrechner mit 1000 oder mehr Qubits kühlen kann., Foto: D-Wave/Larry Goldstein

Die meisten Quantencomputer brauchen eine Kühlung mit extrem tiefen Temperaturen. Mischkryostate wie dieser hiermüssen deshalb weiterentwickelt werden, damit man mit ihnen auch Quantenrechner mit 1000 oder mehr Qubits kühlen kann.

(Bild: D-Wave/Larry Goldstein)

Stand:
Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Boris Hänßler
Inhaltsverzeichnis

Mit 54 Qubits gelang es Google erstmals 2019, die Überlegenheit von Quantencomputern zu beweisen – zumindest theoretisch. Mit dem Quantenchip Sycamore berechneten die Google-Forscher eine komplexe Zufallsverteilung, deren praktischer Nutzen zwar gering war. Aber das Unternehmen konnte behaupten, als erstes mit Quantenrechner klassische Computer übertroffen zu haben. Denn auch der stärkste verfügbare Supercomputer hätte für die Rechnung vermutlich 10.000 Jahre gebraucht.

Seitdem wächst die Zahl der Qubits bei Quantencomputern rasant. Die Entwickler von Quantenrechnern vermelden derzeit nahezu monatlich erhebliche Fortschritte. 2021 macht IBM Schlagzeilen mit einem Quanten-Chip mit 127 Qubits – zum ersten Mal wurde die 100er-Marke damit überschritten. Gleichzeitig legte der Konzern eine extrem ambitionierte Roadmap vor. Bis 2023 will IBM gar eine Quantenlösung mit 1000 Qubits liefern.

Fokus: Quantentechnologie

Unterdessen melden sich auch andere Player zu Wort. Das US-Start-up QuEra Computing beispielsweise hat einen „Quantensimulator“ – einen spezialisierten Quantencomputer – mit 256 Qubits gebaut. Und das australische Start-up QuantumBrilliance will in den kommenden Jahren „Quanten-Beschleuniger“ auf Diamant-Basis anbieten, die bei Zimmertemperatur arbeiten und klassische Computer bei extrem aufwendigen Berechnungen unterstützen sollen. Wenn IBM schon so weit ist, sind dann diese Start-ups noch weiter? Und bedeuten 1000 Qubits tatsächlich, dass Quantencomputer praktisch nutzbar werden?

Um die Entwicklung besser zu beurteilen, spricht Bob Sutor von IBM vom „Quantengeschäftsvorteil“ – dem Punkt, an dem ein Quantencomputer nützliche Probleme für Forscher oder Unternehmen „deutlich schneller“ lösen kann als klassische Computer. Aber wann wird dieser Punkt erreicht? Sicher nicht in den nächsten zwei bis drei Jahren. Laut Sutor sei aber „innerhalb des nächsten Jahrzehnts“ auf jeden Fall damit zu rechnen. Unklar ist jedoch, welche Technologie sich durchsetzen wird – und welche Probleme auf diesem Weg noch lauern.

Um zu begreifen, warum Quantencomputer perspektivisch so interessant sind, muss man ihre Funktionsweise zumindest grob verstehen. Quantencomputer nutzen Qubits statt Bits. Während Bits den Wert 0 und 1 annehmen können, kann ein Qubit sich auch in einem Zwischenzustand befinden. Physikalisch wird ein Qubit durch ein Quantensystem gebildet, das sich in einem aus zwei Basiszuständen zusammengesetzten Überlagerungszustand befindet. Um Qubits im Quantencomputer miteinander zu verknüpfen – also mit ihnen zu rechnen – werden sie quantenmechanisch miteinander verschränkt. Die beiden Mitglieder eines Paares befinden sich dann in einem einzigen Quantenzustand. Ändert sich der Zustand eines der Qubits, ändert sich der Zustand des anderen in vorhersehbarer Weise – selbst wenn sie durch große Entfernungen getrennt sind. Die Anzahl der verbundenen Qubits erhöht die Quantenrechenleistung also exponentiell.