"Verheerende Auswirkungen": US-Staaten prüfen Jugendschutz bei TikTok

Die Generalstaatsanwälte mehrerer US-Staaten haben eine landesweite Untersuchung zu TikTok und potenziell schädlichen Folgen für junge Nutzer eingeleitet.

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(Bild: XanderSt/Shutterstock.com)

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TikTok rückt in den USA weiter in den Fokus der staatlichen Aufsicht. Die Justizminister mehrerer Bundesstaaten, die zugleich als Generalstaatsanwälte fungieren, haben am Mittwoch angekündigt, der vor allem bei Jugendlichen und Heranwachsenden beliebten Videoplattform stärker auf den Zahn zu fühlen. Mit der Prüfung wollen sie vor allem herausfinden, ob bestimmte Praktiken und Verfahren von TikTok schädliche Folgen für junge Nutzer haben.

Federführend bei der Untersuchung sind Kalifornien, Florida, Kentucky, Massachusetts, Nebraska, New Jersey, Tennessee und Vermont. Sie werden von einer breiten Gruppe von Generalstaatsanwälten aus den gesamten USA unterstützt. Erst im Februar hatte Texas eigene Ermittlungen zur potenziellen Verletzung der Privatsphäre von Kindern und die Förderung des Menschenhandels durch TikTok eingeleitet.

Für den kalifornischen Justizminister Rob Bonta steht bereits fest: "Unsere Kinder wachsen im Zeitalter der sozialen Medien auf – und viele haben das Gefühl, dass sie sich an den gefilterten Versionen der Realität messen müssen, die sie auf ihren Bildschirmen sehen. Wir wissen, dass sich dies verheerend auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Kinder auswirkt." Nun gelte es herauszufinden, ob, was und wann die Betreiber sozialer Netzwerke "von diesen Schäden wussten". Im Anschluss sei festzustellen, ob TikTok "gegen das Gesetz verstößt, wenn es seine Plattform jungen Kaliforniern anbietet".

"Da Kinder und Jugendliche bereits mit Angstzuständen, sozialem Druck und Depressionen zu kämpfen haben, können wir nicht zulassen, dass soziale Medien ihre körperliche Gesundheit und ihr geistiges Wohlbefinden weiter schädigen", ergänzte die Justizministerin von Massachusetts, Maura Healey. Der Staat sei verpflichtet, "junge Menschen zu schützen und mehr Informationen darüber zu erhalten, wie Unternehmen wie TikTok ihren Alltag beeinflussen".

Die Untersuchung soll sich unter anderem auf die Methoden und Techniken erstrecken, die von TikTok eingesetzt werden, um das Engagement junger Nutzer zu steigern. Im Visier stehen so etwa Algorithmen, die darauf ausgerichtet sein könnten, die auf der Plattform verbrachte Zeit und die Häufigkeit der Interaktion mit dortigen Inhalten zu steigern.

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Behördenvertreter und Jugendschützer behaupten, dass die Programmroutinen von TikTok, die den Nutzern Videoinhalte zuspielen, bei Jugendlichen Essstörungen sowie sogar Selbstverletzungen und Selbstmord fördern können. Kritiker verweisen etwa auch auf Vorfälle in den USA, bei denen Schüler voriges Jahr Schultoiletten und andere Einrichtungen mutwillig zerstörten und Lernmaterialien stahlen – offenbar als Reaktion auf einen viralen "teuflischen" TikTok-Wettbewerb.

Der Betreiber, der zum chinesischen Konzern ByteDance gehört, warnt seit Kurzem stärker vor gefährlichen Wettbewerben wie Stunt-Challenges und Desinformation. TikTok hat dazu einen neuen Leitfaden in der App verankert und Informationen im eigenen "Sicherheitszentrum" bereitgestellt, die Nutzer über einschlägige Wettbewerbe aufklären sollen. Die Firma überarbeitete zugleich einschlägige Warnhinweise. Potenziell gefährliche "Challenges" und Falschinformationen können zudem einfacher über eine eigene Kategorie gemeldet werden.

TikTok liege viel daran, "das Wohlergehen unserer Gemeinschaft zu schützen und zu unterstützen", erklärte das Unternehmen am Mittwoch in einer ersten Reaktion auf das Vorgehen der US-Staaten. Man sei gerne bereit, die Ermittler mit Informationen zu versorgen über die vielen Sicherheits- und Datenschutzmaßnahmen, "die wir für Teenager bereithalten". Der Betreiber hatte zuletzt Anfang 2021 die Datenschutzpraktiken für User unter 18 Jahren verschärft. Seit Sommer behält sich TikTok aber in den USA auch vor, biometrische Merkmale wie "Gesichts- und Stimmenausdrücke" aus Nutzerinhalten zu erfassen.

Ende vorigen Jahres hatte eine ähnliche Koalition von Generalstaatsanwälten eine vergleichbare Untersuchung der Meta-Tochter Instagram angeordnet. Die Aktion erfolgte, nachdem die frühere Facebook-Produktmanagerin Frances Haugen interne Studien des Unternehmens publik gemacht hatte, wonach einige jugendliche Nutzer offensichtlich Schäden erleiden. Vor allem bei Mädchen verstärkt die Foto-Sharing-Plattform demnach die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper.

(tiw)