Bayern fordert längere Laufzeiten für Atom- und Kohlekraftwerke

Insgesamt sind sich Bundeskanzler und Länderchefs einig, auf Erneuerbare zu setzen und von Russland unabhängiger zu werden. Bayern hat dazu noch Ergänzungen.

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Kühlturm des AKW Isar. Isar 1 wurde 2011 abgeschaltet, in Isar 2 wurde im Oktober 2021 die letzte Revision vorgenommen, Ende 2022 soll es abgeschaltet werden.

(Bild: PreussenElektra)

Lesezeit: 3 Min.

Der Freistaat Bayern drängt darauf, dass Atom- und Kohlekraftwerke länger laufen als vorgesehen. Das geht aus einer Protokollerklärung zu einem Beschluss nach einer Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Ukraine-Krise am Donnerstag hervor.

"Um die Versorgungssicherheit insbesondere bei Gas und Strom aufrechtzuerhalten, müssen zudem die bereits erfolgten und geplanten Stilllegungen von Kohlekraftwerken kritisch überprüft werden", heißt es in der Protokollerklärung (PDF). Das sei aus Bayerns Sicht wegen Netzengpässen an hohen Lasttagen sowie des hohen CO₂-Ausstoßes der Kohlekraft jedoch nicht ausreichend. "Nötig ist daher darüber hinaus eine Verlängerung der Laufzeiten der laufenden bzw. eine Wiederinbetriebnahme der zum 31.12.2021 außer Betrieb genommenen Kernkraftwerke für zumindest drei Jahre."

Mit dieser Erklärung fügt Bayern seinen Standpunkt zu dem Thema "sichere und bezahlbare Versorgung mit Energie" der Besprechung vom Donnerstag hinzu. In dem Beschluss wird das "überragende sicherheitspolitische Interesse Deutschlands an einer stärkeren Unabhängigkeit von Energie-Importen" festgehalten. Die Importabhängigkeit Deutschland von fossilen Energieträgern, insbesondere von Russland, solle gemindert werden, indem die Energieversorgung klimaneutral umgebaut wird – und nun angesichts der Krise beschleunigt.

Bayern betont hierzu, der Bund müsse den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter verbessern. Der für die Erneuerbaren Energien vorgesehene Vorrang müsse auch für die Wasserkraft gelten, erforderlich sei die beihilferechtliche Genehmigung der Südquoten bei Windkraftanlagen.

Der Bundeskanzler und die Länderchefs sehen es als notwendig an, die Energieimporte zu diversifizieren und einen ausreichenden Energieträgervorrat sicherzustellen. Dazu gehörten auch die Beschaffung von Flüssiggas (LNG) und der Ausbau der hierfür notwendigen Infrastruktur, wie es Bundeskanzler Olaf Scholz bereits an dem Sonntag nach Beginn des Ukraine-Kriegs angekündigt hatte. Hier ergänzt Bayern, zur Diversifizierung der Transportwege und der Bezugsquellen von Flüssiggas und von Wasserstoff sei es erforderlich, auch einen direkten Zugang des Südens Deutschlands zu LNG-Terminals zum Beispiel in Italien und Kroatien aufzubauen.

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Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) hatten von längeren Laufzeiten der drei noch verbliebenen AKW in Deutschland abgeraten. Sie sollen nach wie vor bis Ende des Jahres vom Netz gehen, wie es das Atomausstiegsgesetz von 2011 vorsieht. In einem Prüfvermerk der Ministerien hieß es: "Einem kleinen Beitrag zur Energieversorgung stünden große wirtschaftliche, rechtliche und sicherheitstechnische Risiken entgegen."

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, der nordrhein-westfälische Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), unterstrich die Notwendigkeit von Unterstützung für Bürger und Unternehmen: "Sanktionen sollen bei Herrn Putin wirken und nicht bei den Menschen hier bei uns in Deutschland."

2021 machte Atomstrom 12,6 Prozent der Einspeisung in Deutschland aus. In dem Jahr waren noch sechs AKW im Betrieb. Wegen Flaute und hoher Erdgaspreise war in dem Jahr in Deutschland wieder mehr Kohle verstromt worden.

Drei AKW sind noch in Deutschland in Betrieb (7 Bilder)

Seit März 1984 ist Block C des AKW im bayerischen Gundremmingen in Betrieb. Block A war von 1967 bis 1977 in Betrieb. Der 1984 ans Netz gegangene Block B wurde am 31. Dezember 2017 abgeschaltet, Block C – ebenfalls 1984 in Betrieb genommen – folgte Ende 2021. (Bild: kkw-gundremmingen.de)

(anw)