Putin-kritische Zeitung "Novaja Gaseta" setzt Berichterstattung nach Warnung aus

Die Zeitung, deren Gründer voriges Jahr den Friedensnobelpreis bekam, will die Berichterstattung unterbrechen, bis der Krieg in der Ukraine vorbei ist.

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Mit diesem Bild illustriert die "Nowaja Gaseta" die Ankündigung, ihre Berichterstattung bis zum Ende des Krieges auszusetzen.

(Bild: Nowaja Gaseta)

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Die Nowaja Gaseta setzt ihre Berichterstattung aus. Das haben die Herausgeber der Kreml-kritischen Zeitung auf ihrer Website in einer kurzen Mitteilung bekannt gegeben.

"Wir haben eine weitere Warnung von Roskomnadzor erhalten", heißt es auf der Website der Nowaja Gaseta. Daher werde die Veröffentlichung der Zeitung auf der Website, in Netzwerken und auf Papier ausgesetzt, und zwar bis zum Ende der "Sonderoperation auf dem Territorium der Ukraine".

Roskomnadzor ist die russische Behörde, die Aufsicht über die dortigen Medien führt. Sie hat unter anderem auch untersagt, dass ein Interview mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj verbreitet wird. Laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS hat Roskomnadzor die Zeitung zum zweiten Mal verwarnt, weil sie einen "NGO-Auslandsagenten" erwähnt habe, ohne diesen als solchen zu kennzeichnen. Auch die erste Verwarnung an die Nowaja Gaseta sei ergangen, weil sie eine Nichtregierungsorganisation nicht wie vorgeschrieben als "ausländischen Agenten" gekennzeichnet habe.

In Russland muss eine Organisation, die von der Regierung als "ausländischer Agent" eingestuft wurde, als solche gekennzeichnet werden. Die Kennzeichnung soll transparent machen, dass eine in einer Publikation erwähnte Organisation im Interesse anderer Staaten agiert. Im Zusammenhang mit ihrem Sendeverbot wurde auch der Deutschen Welle in Russland die Kennzeichnung "Agent" angehängt.

Dmitri Andrejewitsch Muratow, der 1993 die unabhängige Zeitung Nowaja Gaseta gegründet hatte, wurde voriges Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das norwegische Nobelkomitee befand, der faktenbasierte Journalismus und die berufliche Integrität der Zeitung habe sie zu einer wichtigen Informationsquelle über Zensur in der russischen Gesellschaft gemacht. Sie habe kritische Artikel zu Themen veröffentlicht, die von Korruption, Polizeigewalt, rechtswidrigen Verhaftungen, Wahlbetrug und "Trollfabriken" bis hin zum Einsatz russischer Streitkräfte innerhalb und außerhalb Russlands reichen.

In der Mitteilung der Zeitung ist von einer "Sonderoperation" die Rede und nicht von einem "Krieg", den Russland gegen die Ukraine führt. Wer in Russland in diesem Zusammenhang das Wort "Krieg" benutzt, hat mit harten Sanktionen zu rechnen. So hat die Nowaja Gaseta in ihrer Berichterstattung aus der Ukraine stattdessen Sonderoperation in An- und Abführung geschrieben und auch von den Folgen, die der Krieg für die Ukrainer hat. Derzeit auf der Website der Zeitung zu lesen ist auch ein Artikel über die Loslösung orthodoxer Christen vom Putin-freundlichen russisch-orthodoxen Patriarchat.

(anw)