Datenschutz bei Polizei: Neues EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland

Die EU-Kommission hat der Bundesregierung erneut einen blauen Brief geschickt, weil die Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung nicht umgesetzt sei.

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(Bild: Cristian Dina/Shutterstock.com)

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Deutschland hat die EU-Richtlinie zum Datenschutz in den Bereichen Polizei und Justiz immer noch nicht komplett umgesetzt. Dies wirft die EU-Kommission der Bundesrepublik vor. Sie hat daher ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren in der Sache eingeleitet und verweist diesmal auf fehlende Vorgaben für die Bundespolizei.

Mit dem Erhalt des blauen Briefs hat die Bundesregierung zwei Monate Zeit, um auf das Schreiben zu reagieren und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Sie muss damit die von der Kommission festgestellten Verstöße gegen das EU-Recht abstellen. Andernfalls droht die Brüsseler Regierungsinstitution, in der zweiten Stufe des Verfahrens eine "mit Gründen versehene Stellungnahmen" zu übermitteln.

Bei der Richtlinie handelt es sich um den "kleinen Bruder" der stärker im öffentlichen Fokus stehenden Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Der "Zwilling" schützt das Grundrecht der Bürger auf Privatheit, wenn Strafverfolgungsbehörden personenbezogene Daten verarbeiten. Die EU-Vorschriften sollen mit ähnlichen Betroffenenrechten wie in der DSGVO gewährleisten, dass personenbezogene Informationen von Opfern, Zeugen und Verdächtigen angemessen geschützt werden.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hatte den Gesetzgeber bereits Anfang 2021 ermahnt, die Bestimmungen endlich in nationales Recht zu gießen. Deutschland habe schon damals die Umsetzungsfrist um 1000 Tage überschritten. Er könne Datenschutzverstöße so etwa bei der Bundespolizei "nur beanstanden", wirksame Durchsetzungsbefugnisse fehlten.

Der Bundestag hatte im Juni zwar einen Entwurf zur Reform des Bundespolizeigesetzes beschlossen, mit dem auch die EU-Vorgaben umgesetzt worden wären. Der Bundesrat billigte die Initiative, die etwa eine Befugnis zum Einsatz von Staatstrojanern enthielt, aber nicht. Er rieb sich vor allem an den damit verknüpften weiten Einschnitten in die Kompetenzen der Länderpolizeien. Die Kommission hatte in dem Umsetzungsstreit bereits 2020 ein erstes Verletzungsverfahren gegen Deutschland vorangetrieben. Dabei ging es darum, dass fünf der 16 Bundesländer noch keine Maßnahmen ergriffen hatten.

(mho)