Gigabit-Ausbau: Klage über "skandalösen" Förderabbau durch den Bund​

Baden-Württembergs Digitalminister Thomas Strobl (CDU) kritisiert Pläne des Bundes, die Breitbandförderung einzubremsen als "schweren Fehler".​

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Die Förderung soll da greifen, wo freiwillig niemand hin will.

(Bild: ThomBal/Shutterstock.com)

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Auf Ebene der Bundesländer und der Kommunen gibt es Widerstand gegen die von Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) vorangetriebene Reform des Breitbandförderprogramms des Bundes. So warnt insbesondere Baden-Württemberg davor, dass der Umbau der staatlichen Finanzhilfen für Glasfasernetze den Ausbau nicht etwa beschleunigen, sondern zum Erliegen bringen könnte.

"Die Überlegungen des Bundes, die Förderung jetzt massiv zurückzufahren und in die Länge zu strecken, ist ein schwerer Fehler – ja, in Wahrheit ein Skandal", erklärte der baden-württembergische Innen- und Digitalminister Thomas Strobl (CDU) der Süddeutschen Zeitung (SZ). Die Bundesregierung entwickele sich zur Digitalisierungsbremse. "Das kann das Technologie-, Innovations- und Flächenland Baden-Württemberg keinesfalls akzeptieren." Auch Länder wie Bayern oder Rheinland-Pfalz hielten nichts davon, die bestehende Förderlinie zu ändern.

Seit Jahren werden Glasfaseranschlüsse bundesweit mit viel Geld dort bezuschusst, wo der Ausbau für die Wirtschaft nicht lukrativ ist. So können Gemeinden in Eigenregie den Ausbau in die Hand nehmen. Die schwarz-rote Bundesregierung gab 2018 für vier Jahre zwölf Milliarden Euro für die Glasfaserinfrastruktur frei. Die hohen Fördermittel sind in den vergangenen Jahren aber nur recht zäh abgeflossen. Bis Ende September 2021 hatte der Bund erst rund 1,5 Milliarden Euro oder 12,5 Prozent der vorgesehenen Mittel ausgezahlt.

Baden-Württemberg beklagt trotzdem, dass Wissing die Fördersumme bei insgesamt einer Milliarde Euro jährlich deckeln wolle. Allein das "Ländle" komme aber auf einen Bedarf an Bundesmitteln von jeweils 500 Millionen Euro für die nächsten beiden Jahre.

Telekommunikationsverbände bemängeln dagegen seit Langem, dass vor allem die mit Förderanträgen verknüpfte Bürokratie zu hoch sei. Die alte Bundesregierung habe nach dem Prinzip "viel hilft viel" gehandelt, was angesichts knapper Tiefbau- und Planungskapazitäten nicht zu einem beschleunigten Ausbau geführt habe. Private Investitionsmittel stünden ausreichend zur Verfügung, um weiße und graue Flecken bei der Abdeckung mit schnellem Internet zu schließen. Noch mehr Geld werde nicht benötigt.

Laut dem Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2022 schrumpft das Ausgabevolumen etwa für die öffentliche Glasfaserförderung um 736,97 Millionen Euro. Alle Breitbandprojekte würden aber weiter ohne Abstriche gefördert, heißt es beim Bundesministerium für Digitales. Die geringeren Ansätze ergäben sich daraus, dass der Etat "erst im Juni in Kraft treten wird" und so nur für ein gutes halbes Jahr gelte.

Eine Sprecherin unterstrich auch gegenüber der SZ: Die neue Gigabit-Strategie des Hauses sei darauf ausgelegt, den Ausbau zu beschleunigen. Die Resonanz sei positiv, auch wenn es zu einzelnen Punkten "noch Diskussionsbedarf" gebe. Der Bund hat gerade eine Arbeitsgruppe mit Ländern und Branchenvertretern zur Gigabit-Förderung ins Leben gerufen. Deren erstes Treffen soll laut "Tagesspiegel Background" aber "erstaunlich versöhnlich" verlaufen sein.

(vbr)