Urheberrechtsabgabe für Privatkopien: Wer zahlt die Pauschale für Cloudspeicher?

Für Privatkopien von Musik und Co. entlohnt man die Urheber bereits beim Kauf des PCs oder der Festplatte. Für Kopien in die Cloud ist die Rechtslage unklar.

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(Bild: iX)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Joerg Heidrich

Das deutsche Urheberrecht erlaubt das Kopieren von Filmen zu privaten, nichtkommerziellen Zwecken (§ 53 UrhG). Entsprechende Vorschriften gibt es auch in anderen Mitgliedsstaaten der EU. Nichtsdestotrotz bleiben Privatkopien von legal erworbenen Werken vergütungspflichtig; das betrifft auch rechtmäßig hergestellte Vervielfältigungen von Bildern, Musikstücken und Texten.

Damit nun nicht jeder einzelne Urheberrechtsinhaber sich darum kümmern muss, die ihm zustehenden Vergütungen einzutreiben, wurden sogenannte Pauschalabgaben eingeführt, die dem finanziellen Ausgleich für die Urheber und weiteren Rechteinhabern dienen. Diese Abgaben haben es finanziell durchaus in sich: So werden auf einen handelsüblichen PC 13,19 Euro aufgeschlagen und beim Kauf eines schnellen Drucker-Scanner-Kombigeräts werden bis zu 87,50 Euro fällig.

Pauschalabgaben (Auswahl)
Gerät Preis
Laserdrucker 12,50 €
Multifunktionsgeräte und Kopierer 25 bis 87,50 €
PC 13,19 €
Business-PC (keine Server) 4,00 €
Mobiltelefon 6,25 €
USB-Sticks und Speicherkarten 0,30 €
Externe Festplatten 4,44 €
Business-Festplatten 1,33 €

Dieses Geld sammelt die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) ein, in der sich insgesamt neun Verwertungsgesellschaften zusammengeschlossen haben, darunter GEMA, GVL, VG Bild-Kunst und VG Wort. Selbst Vertreter der Porno-Branche profitieren, wenn sie ihre Filme bei der GÜFA registrieren.

2019 nahm die ZPÜ rund 307 Millionen Euro ein, 2020 waren es 220 Millionen Euro. Der Löwenanteil stammte 2020 mit rund 90 Millionen Euro aus Verkäufen von Smartphones. Die ZPÜ gibt das Geld an die Verwertungsgesellschaften weiter, die es dann an Künstler, Filmstudios, Autoren und andere auszahlen.

Die Pauschalabgaben unterstützen auch Komponisten wie Montez (links), Jordy Napieray (Mitte) und Marco Tscheslok, deren Song „Ohne Dich“ 2021 das erfolgreichste Werk der GEMA war.

(Bild: Bild: Sabine Brauer)

Offen war bislang, wie die Nutzung von Cloudspeichern in dieses System einzuordnen ist. Diese Frage hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem mit Spannung erwarteten Urteil zu klären (Urt. v. 24.03.2022, Az. C-433/20). Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Klage der Verwertungsgesellschaft Austro Mechana aus Österreich, die die Interessen von Komponisten, Musiktextern und Musikverlegern vertritt.

Diese erhob vor dem Handelsgericht Wien Klage gegen den deutschen Provider Strato. Dessen Produkt "HiDrive" stellt Privat- und Geschäftskunden Speicherplatz im Rahmen von Cloud-Computing zur Verfügung. Hierfür, so Austro Mechana, solle der Anbieter eine angemessene Vergütung zahlen. Das Handelsgericht wies die Klage jedoch ab, da Strato keine Speichermedien an ihre Kunden abgebe, sondern für diese nur "eine Dienstleistung der internetgestützten Speicherung" erbringe.

Fällt die Speicherung von Inhalten im Rahmen des Cloud-Computing unter die Ausnahme für Privatkopien?

Austro Mechana legte Berufung beim Oberlandesgericht Wien ein. Dieses schaltete den EuGH ein und legte ihm zwei Fragen vor: Fällt die Speicherung von Inhalten im Rahmen des Cloud-Computing unter die Ausnahme für Privatkopien? Und wenn ja: Entsteht dadurch ein Anspruch auf eine angemessene Vergütung?

Die Richter des EuGH bejahten beide Fragen. Erlaube ein EU-Mitgliedsstaat das Anfertigen von Privatkopien, wie dies in Deutschland und in Österreich der Fall ist, so müsse ein gerechter Ausgleich vorgesehen werden, um die Rechteinhaber zu entschädigen.

Wer diese Abgabe zu zahlen habe, ließ der EuGH allerdings offen. Das könne beispielsweise der Hersteller oder Importeur der Server sein. Die nationalen Gesetzgeber sollen laut EuGH-Urteil diese Frage nach ihrem Ermessen regeln, sodass die zu zahlende Entschädigung "nicht über den sich für die Rechtsinhaber ergebenden etwaigen Schaden hinausgeht".

Der Cloudanbieter Strato führt an, dass bereits für die von ihm eingesetzte Hardware Abgaben entrichtet wurden. Laut ZPÜ gehören Server bislang allerdings nicht zu den abgabepflichtigen PCs oder Business-PCs. Indes haben Endkunden, die den Cloudspeicher nutzen, bereits Pauschalabgaben für ihre Rechner und Smartphones gezahlt. Ob diese Summen ausreichen, müssen nun langwierige Verhandlungen zwischen Verwertungsgesellschaften und Herstellerverbänden klären, die am Ende über die Festsetzung der Abgaben entscheiden.

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(hag)