0190-Gesetz von Regierung abgesegnet

Heute hat die Bundesregierung der umstrittenen Änderung der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung zugestimmt. Für den Verbraucher wird sich allerdings kaum etwas ändern.

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Von
  • Holger Bleich

Heute hat die Bundesregierung der umstrittenen Änderung der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) zugestimmt. Die Änderungen sollen den Missbrauch von 0190-Nummern eindämmen. Nachdem der Bundesrat am 12. Juli seinen Segen erteilt hat, tritt die Änderung Anfang August mit ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

"Die Bundesregierung stärkt durch das heute beschlossene Maßnahmenpaket den Schutz der Verbraucher gegen Betrügereien, die mit den 0190er-Nummern immer wieder passiert sind", frohlockte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller. Welche der Maßnahmen den Missbrauch des 0190-Abrechnungssystems tatsächlich eindämmen sollen, ließ er freilich offen. Die Änderungen sind im Laufe des Verfahrens dermaßen abgeschwächt worden, dass die Verbraucher in der Praxis keinen besseren Schutz vor 0190-Dialer-Abzockern zu erwarten haben.

So war etwa im ursprünglichen Entwurf vorgesehen, dass der Rechnungsersteller, in den meisten Fällen also die Telekom, das Inkasso an den Inhaber der 0190-Nummer weitergeben muss, wenn der Endkunde Einwendungen gegen die Abrechnung hat. Damit wären die Diensteanbieter, die sich oft hinter einem komplizierten Geflecht von Wiederverkäufern verstecken, eventuell aus der Anonymität zu locken gewesen. Der Passus wurde aber nach Diskussionen im Wirtschaftsausschuss des Bundesrats ersatzlos gestrichen. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium war zu erfahren, dass man hier dem Druck der UMTS-Diensteanbieter nachgab. Diese befürchten, dass sich 0190-Mehrwertdienste als Micropaymentsystem nicht mehr rechnen würde, wenn die Anbieter dafür das Inkasso selbst erledigen müssten. Vor allem die Klingelton- und Logo-Anbieter liefen offenbar gegen den Änderungsvorschlag Sturm.

Auch an andere Stelle wirkte der Druck der Lobby: Die Änderung des Paragrafen 15, Absatz 3, legt fest, dass der Rechnungssteller den Rechnungsempfänger darauf hinweisen muss, dass dieser Einwendungen gegen einzelne Forderungen erheben kann. Nach der neuen Fassung muss sich der Hinweis ausdrücklich nur noch auf "begründete Einwendungen" beziehen. Der Hinweis bringe "automatisch die Gefahr mit sich, dass der Verbraucher verstärkt Missbrauch betreibt, indem er Dienstleistungen per Telefon oder über das Internet in Anspruch nimmt, anschließend aber die Zahlung verweigert", tönte der Lobby-Verband IVNM im Vorfeld und erzeugte damit offensichtlich den gewünschten Druck auf den Gesetzgeber. Angesichts des häufigen Missbrauchs von 0190-Nummern seitens der Anbieter klingt diese Stellungnahme freilich recht paradox.

Um die unerwünschte Werbung per Fax, E-Mail und SMS einzudämmen, erweitert die TKV-Änderung die Haftung des Netzbetreibers. Diejenigen Netzbetreiber, die Mehrwertdienste-Rufnummern weitervermieten, werden verpflichtet, bei gesicherter Kenntnis eines wiederholten oder schwerwiegenden Missbrauchs die genutzte Nummer zu sperren. Weil der Gesetzgeber an keiner Stelle definiert hat, wie oft sich der Missbrauch wiederholen muss oder was "schwerwiegend" ist, liegt die Sperrung weitgehend im Ermessensspielraum des Nummernvermieters -- zumindest, bis entsprechende Gerichtsurteile vorliegen. Weil der Vermieter in der Regel fleißig an den Anrufen mitverdient, dürfte sich seine Motivation zur Sperrung in Grenzen halten.

Das durch Erweiterung des Paragrafen 15, Absatz 2 der TKV, in der Rechnung an den Endkunden auch Namen und ladungsfähige Anschrift des jeweiligen Netzbetreibers auszuweisen sind, hilft dem Verbraucher wenig. Er erfährt hier ohnehin nur jene Firma, die den 0190-Nummernblock verwaltet. Diese Information erhält er auch durch einen kurzen Blick in die Datenbank der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP). An den tatsächlichen Anbieter kommt noch immer nicht, der sitzt ohnehin oft im Ausland. Die Nennung der ladungsfähigen Anschrift in der Rechnung ist übrigens schon gängige Praxis, wie die Bundesregierung heute auch zugab.

Einen Artikel zur TKV-Verordnungsänderung bringt die Zeitschrift c't in ihrer aktuellen Ausgabe 16/2002. Außerdem finden Sie dort Hinweise, wie Sie eine ungewollte Einwahl von 0190-Dialern verhindern können und wie Sie vorgehen sollten, wenn der Schadensfall eingetreten ist. (hob)