Deutsches Sondervotum beim Regierungsbeirat der ICANN

Mehr Einfluss auf die Länderregistrare forderten die Vertreter der Bundesregierung im Regierungsbeirat der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers bei der laufenden Sitzung in Bukarest.

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Von
  • Monika Ermert

Mehr Einfluss auf die Länderregistrare forderten die Vertreter der Bundesregierung im Regierungsbeirat (Government Advisory Committee, GAC) der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) bei der laufenden Sitzung in Bukarest. Michael Leibrandt vom Ministerium für Wirtschaft und Technologie und Susanne Mädrich vom Bundesministerium der Justiz sorgten damit für die ersten "Sondervoten" in der Geschichte des GAC. Bislang waren alle Beschlüsse einstimmig.

Gleichzeitig stimmten sie mit den Vertretern der Schweiz, Spaniens und Frankreichs gegen einen Sitz der Regierungen im ICANN-Vorstand, aber Mitsprachemöglichkeiten im ICANN-Prozess. Die Vertreterin der US-Regierung erklärte demgegenüber die Zugeständnisse von ICANN gegenüber den Regierungen als ausreichend.

Er habe unterschiedliche Meinungen von verschiedenen Regierungen zur ICANN-Reform durchaus erwartet, sagte der amtierende GAC-Vorsitzende, der Australier Paul Twomey gegenüber heise online. Gleich in mehreren Punkten hatten die deutschen Vertreter eine von der Mehrheit abweichende Positionen zu Protokoll gegeben. Aus GAC-Kreisen verlautete, die Hartleibigkeit der Deutschen habe manche Mitglieder erstaunt.

Die beiden deutschen Vertreter erklärten ihre abweichenden Stellungnahmen damit, dass sie damit nur bereits verabschiedete Positionen der Bundesregierung und des EU-Telekommunikationsrates vertreten hätten. Die Bundesregierung hatte vergangene Woche eine Stellungnahme zur Reform an ICANN gesandt. Die ccTLD-Politik betreffe die deutsche Öffentlichkeit, sagte Leibrandt gegenüber heise online. Daher habe auch die Bundesregierung auf möglichen Regelungsbedarf durch die öffentliche Hand hingewiesen. Der Telekommunikationsrat hatte mehr Regierungseinfluss und eine stärkere Internationalisierung der Root-Zone-Aufsicht gefordert. Dieses Thema hat der GAC offensichtlich vorerst zurückgestellt.

Bemerkenswert ist die deutsche Position zur Frage nach möglichen Alternativen zum ICANN-Engagement der Regierungen. Einer möglichen stärkeren Beteiligung der International Telecommunication Union (ITU) hielten die deutschen und französischen Vertreter die Türe offen: "In Anbetracht der möglicher Weiterentwicklungen der Aufgabe von ICANN könnte in Zukunft auch eine andere Organisation für die Regierungsbeteiligung, auf einer anderen juristischen Grundlage in Betracht kommen."

Die Mehrheit im GAC hatte sich demgegenüber eindeutig zum GAC als zentralem Forum für die Diskussion von DNS-Fragen von öffentlichem Interesse ausgesprochen und damit auch Überlegungen einer Übertragung einzelner Aufgaben der DNS-Verwaltung abgelehnt, die etwa die ITU angeregt hatte. Die ITU distanzierte sich ebenfalls vom GAC-Kommunique, zwei ihrer Vertreter kündigten einen ausführlichen Bericht zur Position ihrer Mitglieder an. (Monika Ermert) / (anw)