Regierung will vorerst an Pauschalvergütung bei Privatkopien festhalten

Die Bundesregierung sieht bei alternativen Systemen zum Digital Rights Management noch Entwicklungsbedarf.

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Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung am heutigen Mittwoch die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Eingabe des Bundesrats über die heftig umstrittene Urheberrechtsnovelle verabschiedet. Darin erteilt das federführende Bundesjustizministerium der industrienahen Forderung der Ländervertretung, Pauschalvergütungen für Kreative abzuschaffen und rigoros allein auf technische Systeme zur digitalen Rechtekontrolle zu setzen, eine klare Absage. "Nach Auffassung der Bundesregierung kann allein das bewährte Pauschalvergütungssystem gegenwärtig flächendeckend eine angemessene Kompensation für digitale Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch gewährleisten", heißt es in dem Papier, das heise online vorliegt.

In der Perspektive einer individuellen Lizenzierung sieht das Justizministerium zwar durchaus Vorzüge. Für die nötige Abrechnung gebe es aber nach wie vor "kein einsatzfähiges, allseits akzeptiertes Gesamtsystem, das den nach Auffassung aller Beteiligten geforderten Sicherheitsstandards entspricht und auf der nötigen organisatorischen Infrastruktur aufbauen kann". Die Entwicklung technischer Kopierschutzmechanismen sei bislang nicht ausgereift. Allgemein bestehe im Bereich des viel diskutierten Digital Rights Managements (DRM) noch Entwicklungsbedarf. Anreize für deren Entwicklung schaffe der Gesetzesentwurf, "weil er diese Systeme rechtlich schützt und dadurch ihren Einsatz fördert".

Äußerst skeptisch ist die Bundesregierung auch bei der Anregung des Bundesrats, in Zukunft nur noch Privatkopien von "legalen Quellen" zu erlauben. Diese Forderung hatte jüngst auch ein von Medienverbänden in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten aufgestellt, um die Tauschbörsen im Netz auszutrocknen. Das Justizministerium gibt dagegen zu bedenken, dass eine entsprechende Norm wohl sowieso nicht durchsetzbar sei und von den Nutzern auch kaum befolgt werden könnte. Lasse sich doch beim Online-Zugriff die Rechtmäßigkeit einer Kopiervorlage gar nicht beurteilen: "Im Internet zum Download bereitgehaltene Dateien bieten keinerlei Anhaltspunkte für ihre Herkunft", schreiben die Rechtsexperten des Ministeriums. Insgesamt laufe die Forderung so auf ein Verbot der Privatkopie allgemein hinaus. Das würde aber die "soziale Realität ignorieren" und die "Autorität der Rechtsordnung" untergraben. Das vom Bundesrat ferner angesprochene Verbot der Vervielfältigung durch Dritte hält die Bundesregierung ebenfalls für "praktisch nicht kontrollierbar". Eine solche Regelung stehe nicht zur Debatte.

Beim Hohelied auf die Privatkopie hat die Bundesregierung allerdings anscheinend vergessen, dass ihr Gesetzesvorschlag die Möglichkeit der Vervielfältigung für den Eigenbedarf in Fällen unterwandert, in denen Urheber oder Verwerter mit DRM-Techniken eine digitale Plombe um ihre Güter legen. Wer trotzdem die Fesseln sprengt, dürfte sich bald auf juristischem Grauboden bewegen, wie die von zahlreichen Verbänden unterstützte Aktion Privatkopie.net seit längerem betont. Die Lobbyisten für die Beibehaltung der momentan geltenden Kopierfreiheiten wollen daher rechtzeitig zur Ersten Lesung der neuen Urheberrechtsgesetzgebung im Bundestag nächste Woche die momentan etwa 33.000 gesammelten Beschwerdebriefe an Justizministerin Brigitte Zypries öffentlichkeitswirksam überreichen.

Aber auch die Grünen dringen auf eine Klarstellung der Gesetzespassage zur Privatkopie. "Die Rechte der Verbraucher dürfen beim Vervielfältigen im digitalen Raum nicht ausgehebelt werden", erklärte Grietje Bettin, medienpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, gegenüber heise online. Dieser Tenor müsse sich deutlich durch das ganze Gesetz ziehen.

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(Stefan Krempl) / (jk)