Steve Ballmer präsentiert sich durch Kartellverfahren geläutert

Der Microsoft-Chef will mit seinem Unternehmen Verantwortung für die Geschicke der IT-Branche übernehmen.

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Steve Ballmer hat durch das Urteil im Kartellverfahren begriffen, dass sein Konzern wesentlich größer ist als noch vor 20 Jahren und deshalb mehr Verantwortung habe. So könnte die Quintessenz einer Rede des Microsoft-Chefs im American Enterprise Institute (Brookings Institution Joint Center for Regulatory Studies) zu Washington lauten. Nun will er der Verantwortung gerecht werden, die ein Unternehmen habe, das wie Microsoft auf seinem Sektor führend sei.

Noch vor fünf Jahren habe sich Microsoft verhalten, als ob es sich immer noch um ein kleines Unternehmen gehandelt hätte. Deshalb sei nicht bedacht worden, welche Auswirkungen jeder Schritt für die gesamte Branche habe. Zu Beginn des Kartellverfahrens habe es kaum befreundete Unternehmen gegeben. In der Zwischenzeit seien er und andere Microsoft-Verantwortliche "hinausgegangen", um Freunden und Kritikern zuzuhören. Daraus sei die Erkenntnis einer besonderen Verantwortung gewachsen.

Um seinen Zuhörern die rasante Entwicklung der vergangenen zwei Dekaden deutlich zu machen, griff Ballmer tief in die Anekdotenkiste. Im Jahre 1980 sei er zu seinen Eltern gegangen, um ihnen zu sagen, dass er die Schule verlassen und in das Software-Unternehmen seines Freundes Bill eintreten wolle. Sein Vater habe darauf gefragt: "Was ist Software?" Ballmers Mutter wiederum konnte sich nicht vorstellen, wozu ein Mensch jemals einen Computer brauchen könnte. Aus der kleinen Firma mit 30 Mitarbeitern ist mittlerweile ein Weltunternehmen mit 50.000 Mitarbeitern geworden.

Ballmer sagte, er habe sich viel Zeit genommen, um darüber nachzudenken, was es heißt, nicht nur eine gute, sondern auch eine große Firma zu sein. Sie habe ihre Rolle als Marktführer zu spielen -- natürlich alles im Rahmen der Legalität. Wegweisend schreite Microsoft bei vielen Projekten voran und kooperiere dabei intensiv mit anderen Unternehmen. Das mache deutlich, wie sich das Verhältnis zur Konkurrenz verändert habe. Bei der Entwicklung von XML zur "Lingua Franca" des Internet arbeite Microsoft unter anderem mit IBM, Verisign und Novell zusammen; beim Tablet PC mit Acer, Toshiba und Hewlett Packard; MSN gehe Hand in Hand mit Disney, Verizon, General Electric und Dell.

Doch nicht nur mit der Industrie, auch mit der Regierung will Microsoft besser harmonieren. Sie habe längst realisiert, dass eine innovative Branche der Schlüssel für ökonomisches Wachstum sei und dies sei die Basis für eine neue Partnerschaft, spielt Ballmer auf das Urteil im Kartellverfahren an. Schließlich könne die Industrie allein nicht solche Probleme wie die Spamflut bewältigen. Zwei von drei E-Mails, die heutzutage verschickt würden, seien unerwünscht, schildert Ballmer. Daher müsse die Industrie mit Behörden zusammenarbeiten, um den Spam nicht außer Kontrolle geraten zu lassen und die "Integrität des Internet" wiederherzustellen.

Ein Kennzeichen seines Konzerns sei es, so Ballmer, große Ideen zu entwickeln und damit den Menschen das Leben zu erleichtern. Er ist zusammen mit Bill Gates davon überzeugt, dass der PC sich noch in diesem Jahrzehnt vom Schreibtisch in die Wohnzimmer, in die Hände und in die Autos bewege. Nur in einem ist Steve Ballmer skeptischer als sein Kompagnon: Er glaubt nicht, dass bis dahin auch jeder Kühlschrank mit Computertechnologie ausgerüstet ist. (anw)