Patente: So klappt es mit dem Erfinderlohn für pfiffige Ideen

Ideen rund um die digitale Kommunikation dominieren die Patentanmeldungen in Europa. Findige Angestellte können ihr Einkommen mit einem Erfinderlohn aufbessern.

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(Bild: TierneyMJ/Shutterstock.com)

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Von
  • Peter Ilg
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Mit 188.600 Anträgen sind beim Europäischen Patentamt im vergangenen Jahr so viele Patente angemeldet worden wie noch nie. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Anträge um 4,5 Prozent, teilt die Münchner Behörde mit. Einen starken Anstieg gab es in den Digitaltechnologien. Mit ihren Ideen können die Erfinder Geld verdienen, dies ist im Arbeitnehmerfindungsgesetz geregelt.

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Als Verbietungsrecht schützen Patente Erfindungen. Typischerweise meldet der Arbeitgeber die Erfindungen seiner Beschäftigten beim deutschen, europäischen oder einem Patentamt in einem anderen Land wie den USA oder China an. „Das Arbeitnehmererfindungsgesetz überträgt alle Rechte des Arbeitnehmers an der Idee auf den Arbeitgeber“, sagt Arkadius Dalek, Maschinenbauingenieur und Patentanwalt. Voraussetzung: die Erfindung muss zum Arbeitsbereich des Beschäftigten passen. „Wenn ein Entwickler eine Maschine erfindet, die Bonbons nach Farben sortiert, das Unternehmen aber Sortiermaschinen für automatische Hochregallager entwickelt, dann muss er sein Recht an seiner Erfindung nicht abgeben“, sagt Dalek. Ist die Erfindung Teil seiner Aufgabe, dann zwingt ihn das Gesetz dazu und verpflichtet den Arbeitgeber andererseits, ihm einen Erfinderlohn zu bezahlen.

Das Gesetz regelt die Vergütung. „Meistens wird nach Umsatz entlohnt, der mit der Erfindung erzielt wurde“, sagt Dalek. Er hat vor seiner Freiberuflichkeit als Patentanwalt als Ingenieur bei einem großen Maschinenbauer gearbeitet. Dort haben einige Erfinder ihr Jahreseinkommen durch Patente verdoppelt. „Der Großteil aller Erfinder“, so schätzt Dalek, „wird zwischen 100 und 1.000 Euro pro Jahr bekommen“. In 20 Jahren kann so ein lohnenswerter Betrag zusammenkommen, denn so lange ist das zeitlich begrenzte Monopol gültig.

Häufig herrscht das Vorurteil, Software sei nicht patentierbar. „Das stimmt nur im Prinzip. Denn, wenn die Software eine technische Aufgabe löst, dann ist sie sehr wohl patentierfähig“, sagt Dalek. Beispiel Blockchain: Mit deren Erfindung soll eine anonyme Transaktion von Geld möglich sein, ohne dass sie zurückverfolgt werden kann. Die Methode, wie das gelöst wird, ist ein technisches Problem und damit patentwürdig.

Damit eine Erfindung als Patent angemeldet werden kann, muss sie zwei Kriterien erfüllen: Die Erfindung muss neu sein und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. „Neu bedeutet, dass ab dem Anmeldetag beim Patentamt vorher nicht öffentlich über die Erfindung berichtet wurde“, sagt Dalek. Auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht sie, wenn die Erfindung für einen Fachmann nicht naheliegend ist. Eine Kaffeetasse mit zwei Henkeln wäre zwar neu, diese Idee liegt aber auf der Hand, wenn es darum geht, die Tasse sicherer mit zwei Händen zu halten. Unerwartete Eigenschaften oder überraschende Effekte sind Hinweise darauf, dass eine erfinderische Tätigkeit vorliegt.

In Deutschland beträgt die Anmeldegebühr beim Patentamt 390 Euro. „Ich rate zum Patentanwalt, der den Antrag stellt“, sagt Dalek. Das erhöht die Erfolgschancen, kostet aber um die 2.500 Euro. Wer sein Patent für alle wirtschaftlich wichtigen Regionen sichern will, muss dafür mindestens 20.000 Euro bezahlen. Große Unternehmen beschäftigen eigene Patentanwälte. Von der Anmeldung der Erfindung bis zur Erteilung des Patents dauert es zwischen einem und vier Jahren.

Mit 15.400 Anmeldungen dominierten im vergangenen Jahr vor allem Erfindungen rund um die digitale Kommunikation. Platz zwei belegten Erfindungen in der Medizintechnik (15.300), gefolgt von der Computertechnik mit knapp 14.700 Einreichungen und einem Plus von fast zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. An der Spitze der Patentanmelder lagen Mobilfunk- und IT-Konzerne, allen voran der chinesische Smartphone-Hersteller Huawei (3.544). Die meisten Anmeldungen kamen von US-Unternehmen. Siemens war mit 1.720 Anmeldungen das innovativste deutsche Unternehmen und lag im europäischen Ranking auf dem fünften und im nationalen auf dem ersten Platz.

Diese führende Platzierung von Siemens ist das Ergebnis einer erfinderischen Unternehmenskultur und -strategie. „Erfinder werden bei uns anerkannt und prämiert. Und wir setzen Ziele für Innovationen und belohnen diese finanziell mit unserem weltweit gültigen Erfindervergütungsmodell, das sich am deutschen Arbeitnehmererfindungsgesetz orientiert“, sagt Beat Weibel, Leiter der Patentabteilung.

Um die 500 Beschäftigte hat der Siemens-Konzern in seinen Patentabteilungen insgesamt und weltweit. Deren Aufgaben: sie schützen, verteidigen und kommerzialisieren Erfindungen. Patentanwälte begleiten Entwicklungs- und Forschungsteams und ernten dort patentwürdige Ideen. Sie achten darauf, dass eigene und Schutzrechte anderer nicht verletzt werden und sie beantragen Patente strategisch in den Bereichen, in denen Siemens wettbewerbsrechtliche Vorteile hat. Etwa die Hälfte aller Erfindungen werden als Patente angemeldet.

Das ist notwendig, um abzugrenzen, wie weit die Erfindung reicht und wem sie gehört. „Erst wenn das geklärt und eine Patentanmeldung erfolgt ist, wird aus der technischen Erfindung ein rechtlich handhabbares Gut“, sagt Weibel. Das ist die Basis dafür, dass aus Erfindungen neue innovative Produkte entstehen können. Ohne rechtliche Definition ist das nicht möglich, deshalb schützt und dokumentiert Siemens seine Ideen umfassend.

Dass Arbeitgeber die Erfindungen ihrer Arbeitnehmer übernehmen müssen, hält Weibel für „eine Spezialität Deutschlands“. Weltweit gehört dem Arbeitgeber, was deren Arbeitnehmer schafft, einschließlich Erfindungen und Ideen aus seinem Arbeitsgebiet.

„Unsere Angestellten bekommen einen marktgerechten Lohn für ihre Arbeit und eine finanzielle Belohnung für ihre Erfindungen“, sagt Weibel. Die Belohnung ist üblicherweise nicht umsatzabhängig, wie vom deutschen Arbeitnehmererfindungsgesetz empfohlen. Die Prämien seien wirtschaftlich deutlich attraktiver, als die Vorgaben des deutschen Gesetzes. Wie viel Siemens seinen Angestellten für Patente bezahlt, wollte Weibel aus Wettbewerbsgründen nicht sagen.

(mki)