Gemeinsamer Raum: Videokonferenzen lähmen die Kreativität

Eine Studie zu Theorien der geringeren Kreativität bei der Zusammenarbeit in Videokonferenzen zeigt bisher übersehene Aspekte auf – schmale Bildschirme.

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(Bild: New Africa/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

"Die beste Methode, eine gute Idee zu haben, ist es, viele Ideen zu haben", soll der Chemie-Nobelpreisträger Linus Pauling einmal gesagt haben. Und der beste Weg zu vielen Ideen, lässt sich jetzt hinzufügen, führt über den direkten, persönlichen Austausch mit anderen Menschen. Begegnungen per Videokonferenz bringen deutlich weniger Ideen hervor. US-Forscher haben das in einer umfangreichen Studie festgestellt.

Die Covid-19-Pandemie habe die Entwicklung hin zum Homeoffice beschleunigt, schreiben Melanie S. Brucks (Columbia University) und Jonathan Levav (Stanford University) in der aktuellen Ausgabe von Nature. Der Anteil der Arbeitszeit, die zukünftig von zu Hause aus erfüllt wird, werde für die USA auf ein Fünftel geschätzt. Die beiden Wirtschaftswissenschaftler wollten wissen, wie sich diese Veränderung auf Innovationen auswirken könnte, die wiederum auf die kollaborative Entwicklung von Ideen angewiesen seien.

Hierfür haben sie zunächst ein Laborexperiment mit 602 Teilnehmern durchgeführt. Die wurden per Zufall zu Paaren zusammengebracht und hatten jeweils fünf Minuten Zeit, sich kreative Verwendungen für ein Produkt auszudenken, und danach eine Minute, um die kreativste Idee auszuwählen. Die Paare saßen sich entweder persönlich gegenüber oder waren per Video miteinander verbunden.

Weil solche kontrollierten Laborbedingungen kaum alle Aspekte kreativer Arbeit erfassen können, wurde das Experiment danach noch einmal mit 1.490 Mitarbeitern einer multinationalen Telekommunikationsfirma in fünf verschiedenen Ländern wiederholt. Beide Male zeigte sich, dass bei der Zusammenarbeit per Videokonferenz weniger Ideen entwickelt wurden als bei unmittelbarem Kontakt.

Bei der Auswahl der jeweils besten Idee hingegen beobachteten Brucks und Levay keine so klaren Unterschiede. Es gebe vielmehr erste Hinweise, dass Videokonferenzen diesen Entscheidungsprozess sogar effizienter machen könnten.

Bisherige Theorien haben die geringere Effizienz der Zusammenarbeit per Telekommunikation darauf zurückgeführt, dass die Menge der übermittelten Information gegenüber der direkten Kommunikation einfach zu gering sei. Brucks und Levay verweisen dagegen auf einen anderen, bisher übersehenen Aspekt: Während bei der direkten Kommunikation die Teilnehmer einen gemeinsamen physischen Raum teilen, ist der gemeinsame Raum bei Videokonferenzen auf den schmalen Bildschirm beschränkt.

Diese Fokussierung der Wahrnehmung zeigt sich auch in den Augenbewegungen der Versuchsteilnehmer und scheint eine mentale Fokussierung mit sich zu bringen, die sich auf kreative Prozesse schädlich auswirkt, Entscheidungsprozesse aber unterstützen kann.

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(bme)