Bundes-CIO über ID-Wallet-Desaster: "Hausaufgaben nicht gemacht"

Die ID-Wallet-App wurde im Herbst zum Sinnbild für das Scheitern der Politik bei der Digitalisierung. Die neue Bundesregierung will nun alles besser machen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 11 Kommentare lesen

Markus Richter ist Staatssekretär im Bundesinnenministerium und gleichzeitig CIO des Bundes.

(Bild: Henning Schacht)

Lesezeit: 2 Min.

Der Chief Information Officer der Bundesregierung, Markus Richter, hat Fehler bei der Entwicklung der staatlichen Ausweis-App ID-Wallet eingestanden. "Da sind Hausaufgaben nicht gemacht worden", sagte er am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD). "Wir alle waren ein Stück weit beseelt davon, zu bestimmten Zeitpunkten etwas produktiv zu setzen."

Die ID-Wallet-App war im Herbst von der damaligen Bundesregierung kurz vor der Bundestagswahl veröffentlicht worden. Nutzer sollten darin eine vom Personalausweis abgeleitete "Basis-ID" sowie ihre Führerscheindaten speichern können. Kurz darauf entdeckten allerdings Sicherheitsforscher, dass die App es Angreifern leicht machte, Ausweisdaten zu stehlen. Die Bundesregierung nahm die App daraufhin wieder aus den Stores.

Zur Frage nach den Lehren aus dem Scheitern von ID Wallet sagte Richter, dass Sicherheitsaspekte von Anfang an mitbedacht werden müssten. "Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit." Er würde aber nicht von einem "Scheitern" sprechen, denn statt der prognostizierten 10.000 Nutzer hätten über 70.000 auf das System zugegriffen. Das habe gezeigt, welch hohen Bedarf es für die Digitalisierung der Verwaltung gebe.

Richter zufolge wird das ID-Wallet-Projekt nun weitergeführt. Die Hauptverantwortung sei vom Bundeskanzleramt auf das Bundesinnenministerium (BMI) übergegangen. Laut früheren Aussagen der Bundesregierung soll die App im Laufe des Jahres in einer überarbeiteten Version erscheinen. Insgesamt seien digitale Identitäten "mit das wichtigste Digitalisierungsprojekt dieser Bundesregierung, weil das der Schlüssel ist für ganz viele Bereiche", betonte Richter nun.

Richter und Faeser zählten auf der Pressekonferenz zahlreiche weitere Digitalisierungsprojekte des BMI auf, verkündeten dabei aber wenig Neues: Die meisten Vorhaben wie der Digitalcheck oder die Weiterentwicklung des Online-Zugangsgesetzes (OZG) sind längst aus dem Koalitionsvertrag bekannt. Auch über die vom BMI geplante Neupriorisierung von OZG-Leistungen ("OZG-Booster") hatte c't bereits berichtet.

Faeser erhöhte allerdings den Druck auf die Bundesländer, digitale Angebote vom Bund oder aus anderen Bundesländern zu übernehmen. "Wir gehen voran im Entwerfen dieser Produkte, zum Beispiel beim Führerscheinantrag, aber bislang setzt es eben nur Hessen um." Auch der digitale Bauvorbescheid sei vorhanden, werde aber nur in Mecklenburg-Vorpommern genutzt.

(cwo)