Schwangerschaftsabbrüche: US-Bewegungsdaten zu Planned Parenthood zu kaufen

Eine US-Firma verkauft Daten zu An- und Abreise zu Einrichtungen etwa von Planned Parenthood, die unter anderem auch Abtreibungen durchführen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 113 Kommentare lesen
Lifestyle,Shot,Of,A,Casual,Dressed,Young,Woman,Getting,The

(Bild: Viktoriya Pavliuk/Shutterstock.com)

Update
Lesezeit: 3 Min.

In den Vereinigten Staaten verkauft mindestens ein Unternehmen auf Smartphones gesammelte Standortdaten zu Kliniken und medizinischen Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Das hat das US-Magazin Motherboard einem Bericht zufolge durch den Kauf solcher Daten bestätigt.

Nachdem am Dienstag öffentlich geworden war, dass das bislang bundesweit abgesicherte, vergleichsweise liberale Abtreibungsrecht vor dem Aus steht, hat die Enthüllung eine ganz andere Tragweite. Mit den Standortdaten der Firma namens SafeGraph könnten verschiedene Interessenten halbwegs genau herausfinden, woher jene Menschen kommen, die die Einrichtungen aufsuchen und wohin sie danach gehen.

Der Bericht von Motherboard unterstreicht einmal mehr, wie umfangreich sich unser Leben anhand unserer Smartphones nachvollziehen lässt und was auch bloße Metadaten alles verraten können. Standortdaten etwa werden unter anderem von Apps gesammelt, die auf den Mobiltelefonen meist zu ganz anderen Zwecken installiert werden. Über den Weiterverkauf dieser Daten an Firmen wie SafeGraph, können die App-Verantwortlichen Geld verdienen. SafeGraph trägt solche Daten zusammen und macht daraus auswertbare Datensätze. Einen hat Motherboard für 160 US-Dollar gekauft. Der habe gezeigt, wo im Zeitraum von einer Woche Menschen herkamen – und hingingen –, die eine von über 600 Einrichtungen der US-Gesundheitsorganisation Planned Parenthood besucht haben. In den meisten werden unter anderem auch Abtreibungen vorgenommen.

Schon dabei gehe es bei einzelnen Einrichtungen um teilweise nur vier oder fünf Geräte, wodurch eine Deanonymisierung der betroffenen Personen möglich sein könnte. Noch einmal brisanter als diese Datenschutzproblematik wird das Angebot aber vor dem Hintergrund der absehbaren Änderung im Abtreibungsrecht in den USA. Das US-Magazin Politico hatte am Dienstag enthüllt, dass das oberste US-Gericht davor steht, eine vor Jahrzehnten getroffene Entscheidung rückgängig zu machen, die zu weitreichende Einschränkungen des Abtreibungsrechts verhindert hat. Wenn das passiert, würden automatisch in einigen US-Bundesstaaten Schwangerschaftsabbrüche ganz oder partiell gesetzeswidrig. Andere Staaten wiederum haben Regelungen getroffen, um Schwangeren auch aus solchen Staaten den Zugang zu medizinischer Hilfe zugänglich zu machen.

Ob und wie derartige Angebote angenommen werden, könnte durch die Standortdaten von SafeGraph jede und jeder mit etwas Kleingeld einsehen. Dadurch könnten die Daten zur Waffe in der weiter eskalierenden Auseinandersetzung über Schwangerschaftsabbrüche werden, zitiert Motherboard die Einschätzung eines Experten. So gebe bereits erste Pläne einzelner Bundesstaaten, solche grenzüberschreitenden Abtreibungen unter Strafe zu stellen. Mit den Daten ließe sich dann leicht einsehen, wer die anbietet. Auch Aktivisten und Aktivistinnen könnten sich damit neue Ziele für ihre Aktionen suchen.

[Update 04.05.2022 – 22:20 Uhr] Dem Autoren des Artikels bei Motherboard zufolge hat SafeGraph inzwischen reagiert und versichert, den Verkauf der kritisierten Datensätze einzustellen.

(mho)