Expertin warnt vor Internetsucht bei Jugendlichen

Die große Mehrheit der Jugendlichen hat mittlerweile Erfahrungen mit dem Internet. Problematisch wird es, wenn Defizite in der realen Welt kompensiert werden sollen, meint eine Kölner Wissenschaftlerin.

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  • dpa

Das zunehmend von Jugendlichen genutzte Internet kann nach Meinung der Expertin Professor Karla Misek-Schneider von der Fachhochschule Köln süchtig machen. Anzeichen für eine solche Abhängigkeit seien Müdigkeit, Veränderungen von Schlafgewohnheiten, Leugnen und Lügen, wenn es um die am Computer verbrachte Zeit geht. Hinzu kämen Leistungsprobleme und ein Rückzug von Freunden und Hobbys. "Wenn ein hohes Risiko da ist, sind mehrere Faktoren vorhanden", erläuterte die Wissenschaftlerin in einem dpa-Gespräch.

83 Prozent aller Jugendlichen haben nach jüngsten Erhebungen inzwischen Erfahrung mit dem Internet. Dabei hätten Mädchen gleichgezogen. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala rangierten E-Mails und das Chatten, danach komme die Information, an dritter Stelle das Herunterladen von Musik und Videos.

Wenn das Internet allerdings in erster Linie genutzt werde, um Defizite in der realen Welt zu kompensieren, dann bestehe Gefahr, sagt die Expertin. Solche Jugendlichen beschimpften andere Nutzer, favorisierten Gewalt und Action, auch sexueller Art.

Problematisch sei der Umgang mit dem Phänomen der so genannten Enthemmung. "Alle Gewalt- und aggressiven Äußerungen können auch getätigt werden", sagt Misek-Schneider. Bei Computerspielen werde konkretes Töten eingeübt. Die bundesweit erste Beratungsstelle für Internet-Abhängigkeit gibt es nach Angaben der Professorin an der Universität in München.

Positiv sei, dass sich junge Menschen im Internet besser emotional äußern könnten, sagt Misek-Schneider. Plötzlich kommunizierten Vater und Tochter via E-Mail, ohne sich anzuschreien. Auch bei Essstörungen sei dieses Medium "sehr hilfreich". Misek-Schneider: "Meist ist es so, dass das Internet das Fernsehen ersetzt, aber nicht die sozialen Kontakte." Vielfach sei das Internet für Jugendliche eine Art Spiegel. "Es dient zur Selbsterforschung, Selbsterprobung und zur Selbstdarstellung." (dpa) / (anw)