Clearview: Britische Aufsichtsbehörde verhängt Millionenstrafe

Die Gesichtserkennungsdatenbank Clearview AI muss eine Geldstrafe von mehr als 7,5 Millionen Pfund zahlen und seine britischen Daten löschen.

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Gesichtserkennung

(Bild: Fractal Pictures/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Knobloch

Das britische Information Commissioner's Office (ICO) hat die US-Firma Clearview AI mit einer Geldstrafe in Höhe von 7.552.800 Pfund (rund 8,9 Millionen Euro) belegt. Das Unternehmen hat gegen die britischen Datenschutzgesetze verstoßen, indem es Bilder von Personen aus dem Vereinigten Königreich und anderen Ländern, die im Internet und in sozialen Medien gesammelt wurden, zur Erstellung einer globalen Online-Datenbank verwendet, die für die Gesichtserkennung genutzt werden kann.

Die ICO, eine unabhängige Behörde des Vereinigten Königreichs, die für die Wahrung der Informationsrechte zuständig ist, hat zudem eine Vollstreckungsmitteilung herausgegeben, in der sie Clearview AI auffordert, die Beschaffung und Verwendung personenbezogener Daten britischer Bürger, die im Internet öffentlich zugänglich sind, einzustellen und die Daten britischer Bürger aus seinen Systemen zu löschen. Das meldete die IOC am Montag auf ihrer Webseite.

Vorausgegangen war eine gemeinsame Untersuchung mit dem Office of the Australian Information Commissioner (OAIC), die sich auf die Verwendung von Personenbildern durch Clearview AI, das Auslesen von Daten aus dem Internet und die Verwendung biometrischer Daten zur Gesichtserkennung konzentrierte. Demnach hat Clearview AI mehr als 20 Milliarden Bilder von Gesichtern und Daten aus öffentlich zugänglichen Informationen im Internet und auf Social-Media-Plattformen in der ganzen Welt gesammelt, um eine Online-Datenbank zu erstellen. Die Menschen wurden nicht darüber informiert, dass ihre Bilder gesammelt oder verwendet wurden.

"Das Unternehmen ermöglicht nicht nur die Identifizierung dieser Personen, sondern überwacht auch ihr Verhalten und bietet dies als kommerzielle Dienstleistung an. Das ist inakzeptabel", sagte John Edwards, der britische Informationsbeauftragte. "Deshalb haben wir gehandelt, um die Menschen im Vereinigten Königreich zu schützen, indem wir dem Unternehmen eine Geldstrafe auferlegt und einen Vollstreckungsbescheid erlassen haben"

Clearview bietet einen Dienst an, der es Kunden, einschließlich der Polizei, ermöglicht, ein Bild einer Person in die App des Unternehmens hochzuladen, das dann auf eine Übereinstimmung mit allen Bildern in der Datenbank überprüft wird. Die App liefert dann eine Liste von Bildern, die ähnliche Merkmale aufweisen wie das hochgeladene Foto, mit einem Link zu den Websites, von denen diese Bilder stammen. Zwar bietet Clearview AI seine Dienste nicht mehr für britische Organisationen an, hat aber Kunden in anderen Ländern, so dass immer noch personenbezogene Daten von im Vereinigten Königreich ansässigen Personen verwendet werden.

"Die Menschen erwarten, dass ihre persönlichen Daten respektiert werden, unabhängig davon, wo auf der Welt ihre Daten verwendet werden. Deshalb brauchen globale Unternehmen eine internationale Durchsetzung. Die Zusammenarbeit mit Kollegen auf der ganzen Welt hat uns geholfen, diese Maßnahme zu ergreifen und die Menschen vor solch aufdringlichen Aktivitäten zu schützen", so Edwards.

Erst vor wenigen Tagen war Clearviews umstrittene Gesichtserkennungs-App für private US-Firmen verboten worden. Nach einer gerichtlichen Einigung mit einer Bürgerrechtsorganisation darf Clearview AI die biometrischen Daten seiner Gesichtserkennungssoftware in den USA nicht mehr an Unternehmen und privaten Akteure verkaufen. Auch das EU-Parlament fordert ein Aus für biometrische Massenüberwachung und Social Scoring. Ermittlern soll laut der Anfang Oktober 2021 angenommenen Resolution untersagt werden, private Gesichtserkennungsdatenbanken zu nutzen, wie sie etwa Clearview AI zusammengetragen hat. Das auf biometrische Gesichtserkennung spezialisierte US-Untenrehmen sieht sich trotz zahlreicher rechtlicher Querelen und internationaler Kritik auf massivem Expansionskurs. Clearview will seine Datenbank mit 100 Milliarden Gesichtsfotos füllen und binnen eines Jahres "fast jeden Menschen auf der Welt" identifizieren und auch Firmenmitarbeiter überwachen können. Die Ukraine setzt Clearview AI bereits zur Identifizierung Gefallener ein und will so getötete russische Soldaten identifizieren.

(akn)