Energiewirtschaft lobt und kritisiert Energiepolitik der Bundesregierung

Im Großen und Ganzen ist der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft mit dem eingeschlagenen Weg einverstanden, er sieht aber auch Nachbesserungsbedarf.

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Illustration zeigt ein Windrad mit drei Rotorblättern und künstlerisch angedeuteten Wind

Windrad in der Hemelinger Marsch.

(Bild: heise online / anw)

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Die deutsche Energiewirtschaft ist im Großen und Ganzen mit den "Osterpaket" genannten Gesetzentwürfen der Bundesregierung, mit denen die erneuerbaren Energien vorangebracht werden sollen, zufrieden. Die im Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) organisierten Unternehmen haben aber auch einiges auszusetzen, wie Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, auf dem Kongress ihres Verbands am Mittwoch in Berlin verdeutlichte.

Andreae erscheint es unverständlich, warum Biomethan und Wasserkraft – für sie erprobte Erneuerbare-Energien-Technik – neue Fesseln anlegt würden, warum es beim Thema Artenschutz immer noch keinen echten Durchbruch gebe und warum beim wichtigen Thema Beschleunigung die Verteilnetze nicht vorkämen. Das Thema Steuerbarkeit sei völlig in der Versenkung verschwunden und die Kraft-Wärme-Kopplung mit neuen Anforderungen konfrontiert worden, ohne dass die grundlegenden Fragen nach der wirtschaftlichen Perspektive geklärt würden. Kritisch sieht der BDEW in dem Gesetzentwurf auch, dass die Nutzung von Gas zur Stromproduktion im Notfall reduziert werden solle.

Die Bundesregierung lasse aber Entschlossenheit erkennen, die Energiewende voranzubringen, sagte Andreae. Sie hob hervor, dass erneuerbare Energie auszubauen als im "vorrangigen Interesse" definiert werde. Es sei zentral, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.

Dazu sagte Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem BDEW-Kongress, die Bundesregierung wolle die Bremsklötze lösen, die dem Ausbau der erneuerbaren Energien im Wege stünden, Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen gestrafft werden. "Langwierige Verfahren können wir uns schlicht nicht mehr leisten", sagte Scholz.

Es liege im überragenden öffentlichen Interesse, in den kommenden Jahren den "Turbo" bei der Energiewende einzulegen, sagte Scholz weiter. "Jedes Windrad, das in Deutschland gebaut wird, jede Photovoltaik-Anlage leistet einen Beitrag, damit unsere Energieversorgung unabhängiger und nachhaltiger wird, sicher ist und bezahlbar bleibt."

Andreae sieht auch den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft als unverzichtbar an, beispielsweise für die Dekarbonisierung der Industrie. Dafür müssten unterschiedliche Akteure zusammenarbeiten. Als Beispiel nannte sie die Elektromobilität: Wenn es immer mehr Elektroautos gebe, müsse die Infrastruktur dazu passen. "Wir brauchen endlich einen Masterplan für die Ladeinfrastruktur, der den Namen auch verdient", sagte Andreae."

Zum Thema Ausbau von Ladestationen hatte sich die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vor Kurzem bedeckt gehalten. Sie betonte zwar erneut das Ziel, dass bis 2030 in Deutschland rund 15 Millionen E-Pkw zugelassen sein sollen, eine konkrete Antwort auf die angestrebte Zahl der Ladestationen wollte sie nicht geben. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) fordert wie der BDEW verbindliche Ansagen zum Bau der Ladeinfrastruktur.

Einige Kritikpunkte des BDEW wurden diese Woche in einer Stellungnahme des Bundesrats zum Erneuerbare-Energie-Gesetz behandelt, das bereits den Bundestag passiert hat. Die Bundesländer meinen beispielsweise, dass bei Ausbauvorhaben, die der Integration von erneuerbaren Energien in das Netz dienen, das öffentliche Interesse gesetzlich festgestellt wird. Die für Übertragungsnetze geltende Privilegierung von Optimierungs-, Verstärkungs- und Ausbauvorhaben auch auf für Verteilernetze gelten soll. Auch solle geprüft werden, inwieweit die auf Wärmepumpen beschränkte Privilegierung auf weitere Technik zur Sektorenkopplung im Bereich Power-to-Heat ausgeweitet werden könne.

Mit dem Osterpaket hatte die Bundesregierung neben der Überarbeitung des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes auch eine des Windenergie-auf-See-Gesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes und des Energiewirtschaftsrechts vorgelegt. Für den Ausbau der Photovoltaik sollen neue Flächen unkomplizierter bereitgestellt, die Kommunen bei Wind an Land und Photovoltaik mehr beteiligt und windschwache Standorte verstärkt erschlossen werden. Auch sollen die Rahmenbedingungen für den Ausbau von Photovoltaikdachanlagen verbessert werden. Die EEG-Umlage wird abgeschafft, so sollen die Regelungen für den Eigenverbrauch und die Privilegierung der Industrie vereinfacht und das Energierecht weniger bürokratisch werden.

Auf dem BDEW-Kongress bekräftigte Bundeskanzler Scholz das Ziel, zwei Prozent der Landesfläche für den Bau von Windkraftanlagen bereitzustellen. Das müsse eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen werden. Dabei könnte Scholz insbesondere Bayern gemeint haben; in dem Bundesland habe die dort geltende Abstandsregel für Windkraftanlagen den Ausbau der Windkraft immens einbrechen lassen, kritisierte kürzlich Karen Pittel, Leiterin des ifo Zentrums für Energie und Klima. Diese Woche wurde aus Bayern berichtet, dass die Abstandsregel gelockert werden könnte.

(anw)