Kinder und Jugendliche im Netz: steigende Nutzungszeit, gemischte Erfahrungen

Heranwachsende sind heutzutage vergleichsweise länger im Internet und bewegen sich dort oft schon sehr selbstständig. Dafür brauchen sie aber auch Hilfe.

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(Bild: George Rudy / Shutterstock.com)

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Kinder kommen immer früher mit Tablets und Smartphones in Kontakt, die Online-Zeit für Heranwachsende ist zudem auf 111 Minuten pro Tag gestiegen. Ihre Erfahrungen geben die Kinder und Jugendlichen dabei als gemischt an. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Branchenverbands Bitkom.

Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder plädiert anhand der Ergebnisse der Umfrage für eine frühzeitige Medienbildung der Heranwachsenden durch ihre Eltern: "Sie müssen frühzeitig begleitet und angeleitet werden, damit sie sich handlungssicher und selbstbestimmt in der digitalen Welt bewegen können." Denn Kinder und Jugendliche wüchsen heutzutage "wie selbstverständlich mit Smartphone und Internet auf." Eltern dürften mit dieser Aufgabe aber auch nicht allein gelassen werden. Hier sieht Rohleder auch Kindergärten und Schulen in der Pflicht.

Nahezu alle Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren nutzen laut dem Bitkom ein Smartphone oder Tablet (98 Prozent). Selbst jüngere Kinder zwischen sechs und neun Jahren nutzen zumindest eines dieser Geräte (95 Prozent). Mithilfe von Smartphones und Tablets seien Kinder und Jugendliche im Schnitt fast zwei Stunden pro Tag im Internet unterwegs. Die Online-Zeit steige mit zunehmendem Alter stark an.

So verbringen sechs- bis neunjährige Kinder durchschnittlich 49 Minuten pro Tag im Internet, 10- bis zwölfjährige Kinder sind schon eine Stunde und 27 Minuten pro Tag im Netz. Jugendliche ab 13 Jahren blieben über zwei Stunden im Internet, 13- bis 15-Jährige zwei Stunden und 20 Minuten. 16- bis 18-Jährige kommen auf zwei Stunden und 46 Minuten.

Zumeist surfen Kinder und Jugendliche auch schon auf einem eigenen Gerät. Insgesamt besitzt jede oder jeder Zweite zwischen sechs und 18 Jahren ein Tablet (50 Prozent). Sechs- bis neunjährige Kinder haben zu 36 Prozent schon ein eigenes Tablet, ab 10 Jahren steigt der Wert auf mehr als die Hälfte. Auch der Smartphone-Besitz steigt mit dem Alter: Während 21 Prozent der sechs- bis neunjährigen Kinder ein eigenes Handy besitzen, sind es unter den 10- bis 12-Jährigen schon 86 Prozent. Unter den 13- bis 15-Jährigen haben 95 Prozent ein eigenes Gerät. Blickt man auf alle Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren besitzen 71 Prozent ein Smartphone.

Tablets werden etwas mehr von jüngeren Kindern verwendet. 85 Prozent der 10- bis 12-Jährigen verwenden Tablets, unter den 16- bis 18-Jährigen sind es noch 74 Prozent. Die Smartphone-Nutzung steigt mit dem Alter sehr deutlich. Sechs- bis neunjährige Kinder nutzen zu 66 Prozent Smartphones, in der Altersspanne von 10 bis 12 Jahre liegt der Wert schon bei 92 Prozent. Ab dem Alter von 12 Jahren gibt es kaum ein Kind ohne Smartphone.

Die Tablet-Nutzung nimmt mit dem Alter ab, die Smartphone-Nutzung zu.

(Bild: Bitkom)

Der Kontakt mit digitalen Endgeräten und Medien beginnt laut Bitkom im Langzeit-Vergleich auch immer früher. Im Jahr 2014 nutzten lediglich 20 Prozent der sechs- bis siebenjährigen Kinder ab und zu ein Smartphone, aktuell sind es 64 Prozent. Bei den 10- bis 11-Jährigen stieg der Nutzungsanteil von 57 Prozent im Jahr 2014 auf 87 Prozent im Jahr 2022. Auch bei den 16- bis 18-Jährigen ist die Handy-Nutzung heute nochmals ausgeprägter und stieg von 88 Prozent (2014) um weitere neun Prozentpunkte auf 97 Prozent.

Die meiste Zeit im Internet verbringen Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren mit Chatten oder Video-Streaming. So verschicken mehr als acht von zehn Kindern und Jugendlichen zumindest gelegentlich Chat-Nachrichten (86 Prozent) und schauen Filme, Serien und Co. (83 Prozent) im Netz – dafür wird insbesondere Youtube genutzt (82 Prozent). 71 Prozent hören Radio oder Musik und 69 Prozent suchen Informationen für Schule oder Ausbildung. Sechs von zehn spielen Online-Games (61 Prozent). Vier von zehn Kindern und Jugendlichen ab 10 Jahren informieren sich über aktuelle politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Nachrichten (38 Prozent). Etwa ein Viertel shoppt online (23 Prozent).

Unter den sozialen Netzwerken steigt der Zulauf zu Metas Instagram auch mit steigendem Alter. Etwas mehr als die Hälfte (54 Prozent) der 10- bis 18-Jährigen ist dort aktiv. Von den 10- bis 12-Jährigen sind es allerdings zunächst nur 17 Prozent – hier dürfte auch das eingezogene Mindestalter von Instagram die Nutzung drosseln –, bei den 13- bis 15-Jährigen liegt der Wert schon bei 60 Prozent und bei den 16- bis 18-Jährigen klettert er auf 84 Prozent.

Für TikTok zeigt sich ein umgekehrtes Nutzungsinteresse. Zwar bewegen sich auch hier die Hälfte (50 Prozent) der 10- bis 18-Jährigen auf der Plattform, aber das Interesse schwindet mit zunehmendem Alter. So nutzen zwar knapp zwei Drittel der 13- bis 15-Jährigen (63 Prozent) die Video-Plattform, die Älteren zwischen 16 und 18 Jahren allerdings nur noch zur Hälfte (52 Prozent).

Deutlich geringer ist das Interesse an Metas Facebook und der Plattform Twitter: So nutzen nur 12 Prozent der 10- bis 18-jährigen Heranwachsenden Twitter und 11 Prozent Facebook. Von 3 Prozent bzw. 4 Prozent unter den 10- bis 12-Jährigen steigen die Werte bei den 16- bis 18-Jährigen auf 21 Prozent für Twitter und 17 Prozent für Facebook.

Bei den Kurznachrichtendiensten und Messenger-Apps dominiert WhatsApp die Kommunikation. Hier versenden 82 Prozent der 10- bis 18-Jährigen häufig Text-, Bild- oder Sprachnachrichten, weitere 10 Prozent manchmal. Den iPhone-basierten Dienst iMessage nutzen in dieser Altersgruppe 23 Prozent, zumindest manchmal, wird auch Skype eingesetzt (20 Prozent). Andere Dienste wie Facebook-Messenger (zwölf Prozent) oder Telegram (acht Prozent) werden von den wenigsten verwendet.

Die Erfahrungen der Kinder und Jugendlichen im Internet stellen sich gemischt dar. Während 68 Prozent der 10- bis 18-Jährigen beispielsweise loben, dass sie sich dort mit Freundinnen und Freunden oder der Klasse austauschen können, und 64 Prozent das Netz auch für den Wissenserwerb nutzen, so haben auch schon 45 Prozent der Heranwachsenden schlechte Erfahrungen gemacht. 19 Prozent von ihnen haben etwa Inhalte gesehen, die ihnen Angst einflößten. Etwa jede oder jeder Sechste (17 Prozent) wurde im Netz schon einmal beleidigt oder gemobbt – unter den 12- bis 13-Jährigen gibt sogar fast ein Viertel (23 Prozent) an, im Netz Opfer von Mobbing oder Beleidigungen geworden zu sein. Dass Lügen über sie verbreitet wurden, sagen zwölf Prozent der 10- bis 18-Jährigen.

Von sexueller Belästigung sind unter den Befragten vor allem Mädchen betroffen. So wurde bereits fast jedes zehnte Mädchen im Alter zwischen 10 und 18 Jahren von Gleichaltrigen im Netz sexuell belästigt (neun Prozent), jedes zwanzigste Mädchen von Erwachsenen (fünf Prozent). Von den befragten Jungen gaben hingegen sehr viel weniger an, von sexueller Belästigung im Internet betroffen gewesen zu sein (ein Prozent bzw. zwei Prozent).

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Elterliche Unterstützung und Kontrolle bei der Mediennutzung nimmt laut Umfrage erwartungsgemäß mit dem Alter stark ab. So dürfen drei Viertel (76 Prozent) der 6- bis 9-Jährigen sowie 58 Prozent der 10- bis 12-Jährigen nur eine bestimmte Zeit online sein. Bei den 13- bis 15-Jährigen trifft das noch auf 3 von 10 zu (30 Prozent), bei den 16- bis 18-Jährigen lediglich auf 5 Prozent. Zu Eingriffen der Eltern gehören unter anderem zeitliche Einschränkungen für die Nutzung, in manchen Fällen auch ein komplettes Online-Verbot (31 Prozent).

Wie der Bitkom berichtet, erklären nur 59 Prozent der Eltern ihren Kindern und Jugendlichen, was online erlaubt ist und was nicht. Das Posten von privaten Inhalten thematisieren insbesondere die Eltern bei ihrem 12- bis 15-jährigen Nachwuchs (75 Prozent). Generell redet aber nur ein Drittel (34 Prozent) der Eltern regelmäßig mit ihren Kindern über deren Online-Erfahrungen.

Zugleich achten viele Kinder und Jugendliche nach eigenen Angaben auf ihre Privatsphäre. So wissen 69 Prozent der 10- bis 18-Jährigen, die mindestens ein soziales Netzwerk nutzen, wie sie dort aktiv ihre Privatsphäre-Einstellungen ändern können. 22 Prozent wissen, dass es solche Einstellungen gibt, aber nicht, wie sie diese ändern können. Nur 6 Prozent ist die Möglichkeit unbekannt. Wer weiß, wie es geht, macht davon dann auch Gebrauch: 83 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit entsprechendem Vorwissen haben ihre Privatsphäre-Einstellungen bereits aktiv geändert.

Privatsphäre ist für viele Heranwachsende kein Fremdwort.

(Bild: Bitkom)

Für die repräsentative Umfrage wurden mehr als 900 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren befragt wurden. Die Angaben beruhen auf Selbstauskünften der Kinder und Jugendlichen, bei den jüngeren im Beisein der Eltern. Die Befragung wurde von Bitkom Research durchgeführt, einem Tochterunternehmen des Bitkom.

(kbe)