Pressefreiheit: Bundesverfassungsgericht entschärft Datenhehlerei-Paragraf

Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Pressefreiheit. Das geht aus einer Begründung zu einer Verfassungsbeschwerde zum Datenhehlerei-Paragrafen hervor.

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(Bild: CarpathianPrince/Shutterstock.com)

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Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass sich Journalistinnen und Journalisten nicht strafbar machen, wenn sie "geleakte" Daten entgegennehmen. Das Gericht nahm zwar formal die von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) koordinierte Verfassungsbeschwerde gegen den Straftatbestand der Datenhehlerei nicht zur Entscheidung an. In der Begründung stärkt das Gericht jedoch die Pressefreiheit, indem es die Ausnahme von der Strafbarkeit für Journalistinnen und Journalisten weit auslegt. Das geht aus einer Mitteilung der GFF hervor.

Die GFF hatte die Klage 2017 im Namen von netzpolitik.org, Reporter ohne Grenzen sowie sieben Journalisten und Bloggern erhoben, die selbst regelmäßig investigativ und mithilfe geleakter Daten recherchieren. Dazu gehören unter anderem Markus Beckedahl, Andre Meister (netzpolitik.org), Peter Hornung (NDR, Panama Papers) und Hajo Seppelt (ARD, Olympia-Doping). Auch Redakteure von c't und heise online wirkten mit.

"Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung klargestellt, dass sich Journalist*innen nicht strafbar machen, wenn sie Daten von Whistleblowerinnen und Whistleblowern entgegennehmen", erklärt David Werdermann, Rechtsanwalt und Projektkoordinator der GFF. "Unsere Verfassungsbeschwerde hat damit ihr Hauptziel erreicht, auch wenn sie formal nicht zur Entscheidung angenommen wurde: Die Gefahr der Strafverfolgung journalistischer Kerntätigkeiten und der Durchsuchung von Redaktionsräumen ist entschärft."

Der 2015 eingeführte Datenhehlerei-Paragraf 202d Strafgesetzbuch stellt den Umgang mit Daten unter Strafe, die zuvor jemand rechtswidrig erlangt hat. Die Norm sollte nach Absicht des Gesetzgebers vorrangig den Handel mit gestohlenen Kreditkarten- oder Nutzerdaten bekämpfen. Aufgrund der ungenauen Formulierung des Gesetzes erfasst sie darüber hinaus aber auch das Sich-Verschaffen, die Überlassung und Verbreitung elektronisch gespeicherter Daten, die von Whistleblowerinnen und Whistleblowern weitergegeben wurden. Auch aufgrund massiver Kritik von Presse-Verbänden beschloss der Bundestag eine Ausnahme für Journalistinnen und Journalisten: Er beschränkte diese jedoch auf berufliche Handlungen, mit denen Daten entgegengenommen, ausgewertet oder veröffentlicht werden.

Laut Bundesverfassungsgericht drängt sich auf, "dass ein umfassender Ausschluss journalistischer Tätigkeiten bezweckt wird". Der Tatbestandsausschluss ziele darauf ab, dass eine journalistische Tätigkeit auch dann nicht unter Strafe gestellt wird, wenn Recherchen gegebenenfalls unergiebig sind und es im Ergebnis nicht zu einer Veröffentlichung kommt.

Die Verfassungsbeschwerden dreier weiterer Beschwerdeführer wurden vom Verfahren abgetrennt und sind noch beim Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts anhängig. Dazu gehören der GFF-Vorsitzende Dr. Ulf Buermeyer sowie ein Anwalt und ein IT-Experte, die jeweils regelmäßig investigativ arbeitende Medien beraten. Von der ausstehenden Entscheidung erhofft sich die GFF eine Klarstellung, dass auch journalistischen Hilfspersonen keine Strafverfolgung droht.

(tkn)