"Gas sparen – schnell und dauerhaft": Konkrete Ideen angesichts der Alarmstufe

Die Sorgen vor Engpässen beim Erdgas im Winter wachsen: Angesichts der ausgerufenen Alarmstufe haben Experten konkrete Vorschläge für Sofortmaßnahmen.

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(Bild: Shutterstock)

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Angesichts der von der Bundesregierung ausgerufenen zweiten Stufe des Notfallplans Gas fordern Experten Maßnahmen, um den Erdgasverbrauch kurz- und mittelfristig abzusenken. "Wir müssen Gas sparen – schnell und dauerhaft", meint etwa Martin Pehnt vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg. Ziel müsse es sein, dass Firmen und Privatpersonen im kommenden Winter 25 Prozent weniger Gas verbrauchen. Dabei müsste es Hilfe geben. Michael Sterner von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg spricht sich für die Absenkung von Raumtemperaturen und den Verzicht auf das Heizen einzelner Räume als kurzfristige Maßnahme aus. Das könnte über die Preispolitik vorangetrieben werden.

Angesichts von verringerten Gaslieferungen aus Russland in den vergangenen Tagen hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag die sogenannte Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Noch sollen Marktakteure selbst die angespannte Lage entschärfen, etwa indem sie Flexibilität auf der Beschaffungsseite nutzen, auf Gasspeicher zurückgreifen, Lastflüsse optimieren oder externe Regelenergie anfordern. Zuvor hatte sich abgezeichnet, dass die Gasspeicher bis zur nächsten Heizperiode nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Füllmengen erreichen werden. Um den Erdgasbedarf etwa durch Umbaumaßnahmen an Gebäuden deutlich zu senken, reicht die Zeit also nicht ansatzweise aus.

Martin Pehnt ist wissenschaftlicher Geschäftsführer beim Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) und beschäftigt sich dort auch mit Energieeffizienz. Um kurzfristig Erdgas einzusparen, hat er mehrere Vorschläge. Dem Science Media Center sagte er, dass alle Betreiberinnen und Betreiber von Gasheizungen einen kostenlosen "Gasspar-Check" bekommen sollten. Bei Heizungswartungen, Schornsteinfegerbesuchen und Energieberatung sollten sie Hinweise bekommen, wie sie kurz- und langfristig ihren Verbrauch senken können. Der Check "könnte aus einer Überprüfung der Heizungsanlage, einem Check des Heizungsverhaltens und der Einsparmöglichkeiten und einigen kostenlos mitgebrachten beispielhaften Hilfsmitteln – Thermostatventilen, Thermometer, Hocheffizienzpumpen oder Dämmmaterial oder einem Baumarktgutschein für solche Komponenten bestehen", meint er. Allein dadurch könnten 10 Prozent Erdgas eingespart werden, schätzt er.

Viel zu holen sei auch durch weitere kleine Investitionen, etwa in programmierbare Thermostatventile. Auch das Verhalten zähle, etwa durch die Suche nach überheizten Räumen, längere heizungsfreie Phasen in der Nacht und richtiges Lüften. Beim Warmwasser gebe es ebenfalls Einsparmöglichkeiten, angefangen bei wassersparenden Duschköpfen. Auch beim Dämmen könne klein angefangen werden, etwa durch die Abdichtung von Türen und Fenstern, sowie die Dämmung von Rohren. Strom sparen helfe ebenfalls, ergänzt er noch: "Deswegen: alle verbliebenen Glühlampen austauschen gegen LED-Lampen." Alte Kühlschränke sollten außer Betrieb genommen werden und schon eine kleine Photovoltaikanlage für den Balkon könne fünf bis zehn Prozent Strom einsparen: "Jede eingesparte Kilowattstunde zählt!"

Michael Sterner leitet die Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher an der OTH Regensburg und ergänzt mittelfristige Maßnahmen. Wir müssten "Potenziale, Ressourcen und Personen bei uns im Land aktivieren, die uns aus dem Dilemma führen, fordert er. Erstens sollte doppelt so viel Biogas hergestellt werden, und zwar aus Wind- und Solarstrom, "der in großen Mengen nach wie vor weggeworfen wird". Mit 200 statt 100 Terawattstunden könnten die Gasspeicher zu 100 Prozent gefüllt und die Hälfte der russischen Importe ersetzt werden. Außerdem sollten Lieferketten stabiler gemacht und die Abhängigkeit vom Ausland verringert werden, etwa bei Energietechnologien wie dem Bau von Solarmodulen. Schließlich bräuchten wir die Jugend um "Fridays For Future" in den Handwerksbetrieben und Hörsälen, "um den Fachkräftemangel zu beheben". Sie sollten "im realen Beruf Klimaschutz und Versorgungssicherheit umsetzen".

(mho)