Elektromotorrad Maeving RM1: Retrobike mit Stromanschluss

Optisch von gestern, technisch aber aktuell: E-Motorräder im Retro-Look wie die Maeving RM1 haben reichlich Charme. Billig ist der Spaß allerdings nicht.

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Maeving RM1

Die Maeving RM1 aus England besticht durch ihr Retro-Design. Sie lehnt sich an die Board Tracker der 1920er-Jahre an, hat aber einen Elektroantrieb.

(Bild: Maeving)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

In den vergangenen Jahren sind viele Elektromotorradmarken gegründet worden, aber die meisten davon zeichnen sich durch ein eher langweiliges, mutloses Design aus. Die englische Maeving RM1 besitzt hingegen viel Charme. Sie besticht durch ein gekonntes Retro-Flair, ohne den Elektroantrieb zu verleugnen.

Die 2018 in Coventry gegründete Marke Maeving hat sich von den Board Trackers der 1920er-Jahre inspirieren lassen. So hat die RM1 kein Heck, sondern einen Fahrradsattel – natürlich mit handvernähtem Leder bezogen. Ein Stahlrohrrahmen in klassischem Schwarz unterstreicht den nostalgischen Auftritt.

Dabei zeigt die Maeving ihre Verschalung für die Batterie stolz in gebürstetem Aluminium. Darüber führt ein glänzender Schlauch nicht etwa Kühlflüssigkeit, sondern verbirgt formschön die Elektrokabel. In der Tankattrappe lassen sich wahlweise Kleinkram oder die optionale zweite Batterie unterbringen. Der Rundscheinwerfer, das Rücklicht und die Blinker mögen alt geformt sein, haben mit LED-Licht aber ein modernes Innenleben. Die Tankattrappe wird in sieben Lackierungen angeboten, der Sattel entweder in Schwarz oder Braun.

Das Hinterrad wird wie bei einem Fahrrad nur von einem Kotflügel abgedeckt und die Schwinge aus Rundrohren von zwei in der Vorspannung variable Federbeinen mit 80 mm Federweg gedämpft. Vorne arbeitet eine nicht einstellbare Telegabel mit 110 mm Federweg. Ein eher flacher Lenker mit zwei stilvollen Spiegeln dirigiert die 111 kg schwere RM1. Maeving will sein schickes Retro-Bike als urbanes Transportmittel verstanden wissen und verleiht ihm einen Radstand von 1395 mm, einen Nachlauf von 103 mm und einen Lenkkopfwinkel von 64 Grad an. Das lässt auf ausgeprägte Handlichkeit schließen. Mit 785 mm Sitzhöhe ist sie auch für kleine Fahrer geeignet. Passend zum Oldie-Auftritt rollt die RM1 auf 19 Zoll großen Drahtspeichenfelgen mit 2,5 Zoll schmalen Reifen.

Als Antrieb wählte Maeving einen Hinterradnabenmotor von Bosch. Er leistet maximal 4,3 kW und bringt eine Dauerleistung 3,0 kW. Dabei stellt er bis zu 160 Nm Drehmoment bereit. Die Batterie stammt von Samsung und hat einen Energiegehalt von 2,1 kWh. Wer keine Ladestation findet, kann den 12 kg schweren Akku rasch entnehmen und in ca. vier Stunden von null auf 100 Prozent an einer normalen Steckdose aufladen. Selbst bei der Batterie legt Maeving Wert auf Stil und versah sie mit Einlagen aus Holzimitationen. Die RM1 soll eine Reichweite von im Schnitt 64 Kilometer erzielen. Eine optionale zweite Batterie für 995 Britische Pfund (ca. 1150 Euro) in der Tankattrappe verdoppelt die Reichweite. Vermutlich wird sie eines der meistgewählten Extras.

Maeving RM1 (7 Bilder)

In ihrer Schlichtheit liegt die Eleganz. Ein Stahlrohrrahmen sorgt für Stabilität und ein Sattel genügt für den Fahrer.

Der Fahrer kann drei Fahrmodi auswählen, die einen Topspeed von 32, 45 oder 72 km/h ermöglichen. Die Entwickler halten auch im Cockpit am Retro-Stil fest und montieren einen analogen Tacho mit weißen Ziffern auf schwarzem Grund sowie roter Nadel und verleihen ihm noch einen Aluminiumring. Ganz auf die Moderne können sie aber nicht verzichten und so wird noch ein kleines LC-Display integriert, das den Batteriestand, den gewählten Fahrmodus und wahlweise den Kilometerstand, den Tageskilometerzähler oder die Zeit anzeigt. Ganz unnostalgisch lässt sich das Motorrad per App mit dem Smartphone verbinden und zeigt wichtige Daten an. Gegen Aufpreis besteht die Möglichkeit, einen Anti-Diebstahl-Tracker zu aktivieren.

Viele Elektromotorrad-Startups sind in den vergangenen Jahren von Menschen gegründet worden, die keinerlei Erfahrungen in der Zweiradbranche vorweisen können. Bei Maeving ist das komplett anders: Die beiden Gründer Sebastian Inglis-Jones und Will Stirrup haben mittlerweile ein 16-köpfiges Team um sich geschart, von denen viele früher bei Triumph gearbeitet haben. Ihre Produktionsstätte in Coventry liegt nur wenige Meilen vom Triumph-Headquarter in Hinckley entfernt.

Maeving RM1 Details (7 Bilder)

Als Antrieb wählte Maeving einen Radnabemotor von Bosch.

Maeving tut sich nicht nur im Design hervor, sondern auch durch cleveres Marketing. So luden sie werbewirksam den ehemaligen Testfahrer Colin Dean zu einer Probefahrt auf der RM1ein. Dean ist stolze 90 Jahre alt und war seit über einem Jahrzehnt kein Motorrad mehr gefahren. Ab 1957 hatte er für Francis-Barnett gearbeitet, eine englische Marke aus Coventry, die bereits 1919 gegründet worden war. Mit Colin Dean schlug Maeving pfiffig den Bogen zu ihrer RM1. Der sichtlich bewegte Senior zeigte sich sehr angetan von dem Elektromotorrad und war überrascht über die Handlichkeit.

Die Maeving RM1 kostet in Großbritannien 4995 Pfund (ca. 5795 Euro) und die erste Serie ist bereits ausverkauft. Die nächste soll bald anlaufen, allerdings wird das englische Elektromotorrad noch nicht in Deutschland angeboten. Ob und wann die Maeving eine EU-Zulassung bekommt, ist derzeit noch offen.

(mfz)