Digitalstrategie: Öffentliche Hand will mit Open Source digital souverän werden​

Leistungsfähige Netze, mehr verfügbare Daten, offene Standards und sichere digitale Identitäten sollen Deutschland helfen, digital endlich vom Fleck zu kommen.​

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Gebäude des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr in Berlin.

(Bild: BMDV)

Lesezeit: 4 Min.
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"Deutschland braucht einen umfassenden digitalen Aufbruch", meint das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und will den mit seinem Entwurf für eine Digitalstrategie der Bundesregierung angehen. "Beim Zukunftsthema Digitalisierung rangieren wir seit Jahren nur im Mittelfeld", räumt das Haus von Minister Volker Wissing (FDP) ein. Die Digitalstrategie soll helfen, "den Umsetzungsstau der vergangenen Legislaturperioden endlich aufzulösen".

Auf den heise online vorliegenden 30 Seiten entwirft das BMDV Visionen für 2025 und sammelt erste Maßnahmen. "Beim Schutz unserer natürlichen Umwelt und der Bekämpfung des Klimawandels kann die Digitalisierung einen wesentlichen Beitrag leisten", erklärt das Ministerium und möchte unter anderem, dass "Abwärme von Rechenzentren" sowie Energie- und Umweltmanagementsysteme stärker genutzt werden.

Den Rechtsrahmen und die Standards für intelligente Messsysteme (Smart Meter) will das BMDV "unter Berücksichtigung von Datenschutz und IT-Sicherheit" weiterentwickeln. Ohnehin müsse man "Risiken und Gefahren für Freiheit, Selbstbestimmung und Privatsphäre" entgegenwirken. Grundrechte will die Regierung auch im digitalen Raum konsequent verteidigen: "Basis jeder erfolgreichen Digitalpolitik ist ein globales, offenes, freies und sicheres Internet."

Drei Katalysatoren hat das Ministerium ausgemacht, die eine Hebelwirkung bei der Aufholjagd entfalten sollen: Leistungsfähige Netze und die Verfügbarkeit von Daten, internationale technische Standards für bessere Interoperabilität und Skalierbarkeit sowie sichere digitale Identitäten als Voraussetzung für Online-Dienste der öffentlichen Verwaltung auf allen Ebenen.

"Verwaltung wird konsequent aus der Nutzerperspektive gedacht", heißt es zur Digitalisierung des öffentlichen Dienstes. E-Government-Angebote wie Information, Beratung und Antragstellung sollen "entbürokratisiert, digitalisiert und automatisiert" werden. In der Finanzverwaltung sollen vorausgefüllte Steuererklärungen den Bürgern das Leben erleichtern.

"Gemeinsam mit Ländern und Kommunen minimieren wir die Abhängigkeiten von Technologieanbietern mit Hilfe von Open-Source, offenen Schnittstellen und offenen Standards", heißt es im Hinblick auf die Bemühungen um digitale Souveränität. Dazu werde die föderale Verwaltungscloud-Strategie umgesetzt. Um zugleich Cybersicherheit und Krisenresilienz zu stärken, sollen "nationale Krypto-Technologien" zum Schutz von Geheimnissen von Staat und Wirtschaft weiterentwickelt werden.

Digitalkompetenzen sowie das Interesse an Informatik und anderen technischen Berufen will der Bund steigern und so zur Sicherung der Fachkräftebasis beitragen. Die Initiative YouCodeGirls soll Frauen frühzeitig auf ihrem Bildungsweg in Digitalisierung, IT und Programmierung bestärken und helfen, "Geschlechter-Stereotype in der Berufsorientierung zu durchbrechen".

Weitere Stichworte sind die standortübergreifende Nutzung digitalisierter Gesundheitsdaten, wobei die elektronische Patientenakte (ePA) das "Herzstück" einer vernetzten Gesundheitsversorgung werden soll, die Förderung des automatisierten und vernetzten Fahrens und mehr Effizienz auf der Schiene. Der Ausbau von Ladesäulen soll "passgenau" vorangetrieben werden. 2025 will sich die Regierung etwa daran messen lassen, ob Deutschland bei der Forschung zu Künstlicher Intelligenz (KI) an der europäischen Spitze steht.

Die Umsetzung der Digitalstrategie soll durch einen Staatssekretärsausschuss begleitet und gesteuert sowie einem Digitalbudget flankiert werden, zu dem der Entwurf noch keine Details enthält. Der Beschluss im Bundeskabinett, der eigentlich noch vor der Sommerpause erfolgen sollte, verzögert sich: Der "Arbeitsentwurf" müsse noch zusammen mit allen Ressorts "auf ein hohes Ambitionsniveau gehoben" werden, heißt es. So sollen vor allem noch Aspekte wie Diversität, Inklusion sowie Projekte für Datenräume eingefügt werden.

"Viele richtige und wichtige Ansätze für zentrale Weichenstellungen der Digitalisierung", sieht der Vorstandsvorsitzende des eco-Verbands der Internetwirtschaft, Oliver Süme, in dem Entwurf. Die Beschreibung der einzelnen Projekte bleibe aber teils "hinter unseren Erwartungen zurück", sagte Süme gegenüber heise online. Ein "durchgängiges IT-Konzept des Bundes, der Länder und Kommunen" zeichne sich allenfalls vage ab. Auch der Bitkom-Verband moniert: "Viele Fragen bleiben offen."

(vbr)