Uber Files: Großes Datenleck zu fragwürdigen Methoden des US-Fahrtenvermittlers

Zehntausende Dokumente geben einen Einblick in Ubers dubiose Methoden beim Einstieg in den europäischen Markt. Fragwürdig agierten auch hohe Politiker.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 75 Kommentare lesen

(Bild: MOZCO Mateusz Szymanski/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

(This article is also available in English)

Uber setzte bei seinem Versuch, sich in Europa zu etablieren, unter anderem auf fragwürdige Kooperationen mit der ehemaligen EU-Kommissarin Neelie Kroes, dem späteren französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem deutschen FDP-Politiker Otto Fricke. Das berichten Investigativjournalistinnen und -journalisten aus aller Welt unter Berufung auf zehntausende E-Mails, Präsentationen, Rechnungen und Memos des US-Fahrdienstvermittlers, die dem britischen Guardian zugespielt wurden.

Kroes hat sich demnach bereits für Uber eingesetzt, als ihr nach dem Abschied aus der EU-Kommission solche Lobbyarbeit untersagt war. Macron wiederum hat als Wirtschaftsminister Frankreichs womöglich bei Behörden in Marseille zugunsten von Uber interveniert. Fricke soll seine politischen Kontakte für Uber genutzt haben.

Die Ergebnisse der vom International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) koordinierten Recherchen wurden jetzt unter anderem von der Süddeutschen Zeitung unter dem Stichwort Uber Files veröffentlicht. Die Dokumente stammten demnach aus den Jahren 2013 bis 2017, insgesamt handle es sich um 124.000 Dateien. Sie geben einen Einblick in die immense Lobbykampagne des US-Konzerns, der allein 2016 ganze 90 Millionen Euro für Versuche der Einflussnahme ausgegeben habe. Vertreter und Vertreterinnen von Uber trafen demnach neben Macron zahlreiche weitere damalige oder jetzige Staats- und Regierungschefs, um für das eigene Geschäftsmodell zu werben. Außerdem sollen die Dokumente bestätigen, dass der US-Konzern wiederholt strafrechtliche Ermittlungen erschwert haben könnte.

Den Recherchen zufolge hat Neelie Kroes nach dem Ende ihrer Amtszeit als EU-Kommissarin für die digitale Agenda im Jahr 2014 darum gebeten, einen bezahlten Job bei Uber annehmen zu können. Schon vorher hatte sie Uber verteidigt. Obwohl ihr das von der Kommission untersagt worden sei, habe sie für den US-Konzern zum Beispiel Treffen mit niederländischen Spitzenpolitikern organisiert. Intern sei bei Uber absolute Diskretion über die Arbeit von Kroes eingefordert worden. Nach Ablauf ihrer Karenzzeit sei sie dann ganz offiziell engagiert worden – mit einem Jahresgehalt von 200.000 US-Dollar.

Macron wiederum soll als Wirtschaftsminister in Frankreich Ubers Chef-Lobbyisten in Europa zugesichert haben, sich eine Einschränkung der Uber-Dienstleistung in Marseille "persönlich anzuschauen". Die sei umgehend entschärft worden, es sei aber unklar, ob Macron tatsächlich Einfluss ausgeübt hat. Eine höchstens mäßig erfolgreiche Lobbykampagne in Deutschland zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes im Sinne von Uber wurde demnach von Otto Fricke koordiniert. Der FDP-Politiker saß von 2009 bis 2013 im Bundestag und gehört dem deutschen Parlament auch aktuell wieder an.

Die ausgewerteten Dokumente bestätigen demnach weiterhin, dass Uber mehrere eigene Niederlassungen mit einer speziellen Software ausgestattet hat, um Ermittlungen zu erschweren. Im Fall einer Razzia habe man mittels dieses "Kill Switchs" Informationen löschen können. Den Unterlagen zufolge soll die Software in sieben Ländern eingesetzt worden sein, darunter in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Ungarn.

Über solch eine Software hatte das US-Finanzmagazin Bloomberg bereits Anfang 2018 berichtet. Gegenüber den Medien hat Uber die Verantwortung für das damalige Fehlverhalten dem ehemaligen CEO und einigen Führungskräfte zugeschoben. Es sei "unentschuldbar". "Die Fehler, die das Unternehmen in dieser Zeit begangen hat, wurden eingehend untersucht und haben zu Recht schon vor Jahren weltweite Beachtung gefunden", zitiert die Süddeutsche Zeitung noch.

(mho)