Internet-Provider ThĂĽcob sagt Flatrate ab
Der Erfurter Internet-Provider Thücob hat sein Flatrate-Angebot storniert und die Preise drastisch erhöht. Vielnutzer mit alten Verträgen werden vergrault.
Der Erfurter Internet-Provider Thücob hat sich in eine schwierige Situation manövriert. Über ein günstiges Flatrate-Angebot warb das Unternehmen um Kunden; rund 4.000 nahmen das Angebot an. Wie zu erwarten, befanden sich unter den Kunden auch so genannte Power-User, die das Angebot, ohne Zeit- und Volumenbeschränkung zu surfen, so weit wie technisch möglich nutzten. Nach Angaben von Thücob kamen die Spitzenreiter auf einen Durchsatz von über 200 Gigabyte in einem Monat.
Das Unternehmen bietet als Konsequenz daraus ab sofort für Neukunden keine Flatrates mehr an, sondern macht nur noch Angebote, die sowohl von der Zeit als auch dem Volumen oder wahlweise nur vom Volumen her beschränkt sind. Für knapp 30 Euro im Monat erhält der Kunde aber dann ein Freivolumen von 20 Gigabyte, das er sowohl mit mehreren Rechnern über einen Router als auch mit dem schnelleren T-DSL 1500 nutzen kann.
Power-User verursachen auf Provider-Seite hohe Kosten, da die Zuführung zum Backbone nach Volumen abgerechnet wird. Thücob versucht, diese teuren Kunden loszuwerden und ließ sich dazu einiges einfallen. Zuerst wurde für die Betroffenen ein Zwangs-Proxy eingerichtet. Damit ließen sich nur noch Verbindungen über HTTP und FTP herstellen, nach Angaben einiger Kunden war die Performance des Zugangs auch bei den unterstützten Protokollen deutlich beeinträchtigt.
Thücob versprach Abhilfe: Auch die Power-Sauger sollten wieder alle Dienste nutzen können. Die neue Lösung war dennoch aus Sicht der Kunden unbefriedigend: Der Anbieter hatte einen VPN-Zugang angeboten, aber die Performance war weiterhin viel niedriger als bei den Normal-Kunden. Die betroffenen Nutzer berichteten von einem Datendurchsatz von 2 bis 3 Kilobyte pro Sekunde -- das entspricht nur einem kleinen Bruchteil der zu erwartenden Leistung eines DSL-Anschlusses. Die Motivation des Anbieters ist klar: Damit senkt er seine eigenen Verbindungskosten.
Statt den Alt-Kunden zähneknirschend die zugesagte Leistung für die Vertragsdauer zu liefern und zum Laufzeitende zu kündigen, nimmt Thücob eine Drosselung des Datendurchsatzes für die betroffenen Accounts vor. Juristisch handelt es sich dabei um eine Vertragsverletzung, die der Provider obendrein vorsätzlich vornimmt. Der Justiziar des Heise Zeitschriften-Verlags, Joerg Heidrich, meint dazu: "Die betroffenen Kunden haben einen Anspruch auf die volle vertraglich garantierte und damit uneingeschränkte Leistung. Diesen könnten sie theoretisch sogar einklagen, inklusive eventueller Schadenersatzforderungen. Praktisch ist wohl eher eine fristlose Kündigung und der Wechsel zu einem anderen Provider zu empfehlen -- auch wenn die Kunden dann genau das tun, was der Provider mit seiner Aktion bezweckt."
Von den 200 betroffenen Power-Usern haben 170 inzwischen, wie vom Provider offensichtlich beabsichtigt, gekündigt. Obwohl die Kunden eigentlich einen Vertrag auf ein Jahr geschlossen hatten, forderte Thücob die Kunden auf, zu kündigen, und nahm die Kündigungen an. Die restlichen Flatrate-Benutzer sind aber noch nicht am rettenden Ufer angelangt. Das Unternehmen hat bereits angekündigt, dass es bei Kunden, die sich zum Power-User mausern, nachträglich die Handbremse für den Datendurchsatz anzieht.
Wenn dieses Beispiel Schule macht, kommen auf die Poweruser harte Zeiten zu. User, die einen einmal geschlossenen Ein-Jahres-Vertrag nicht einhalten, machen in fast allen Fällen unangenehme Erfahrungen mit dem Anbieter, meist holt sich dieser sein Geld per Gerichtsbeschluss. Der Kunde ist im umgekehrten Fall, wenn der Provider den Vertrag verletzt, in der schwächeren Position, denn es ist meist sehr schwierig, einen Schaden nachzuweisen und diesen geltend zu machen oder die fehlende Leistung einzuklagen.
Für einige Thücob-Kunden könnte die Angelegenheit noch ein gerichtliches Nachspiel haben: Das Unternehmen hat Strafanzeige erstattet, weil Betroffene zu Angriffen auf die Thücob-Infrastruktur aufgerufen hatten. Das Unternehmen behält sich vor, bei rechtswidrigen Attacken auf das Unternehmen oder seine Mitarbeiter juristische Schritte gegen die Urheber einzuleiten. (uma)