Weltraumteleskop James Webb: Wahre Flut an Entdeckungen immer älterer Galaxien

In den Aufnahmen des Hubble-Nachfolgers werden immer ältere Galaxien entdeckt. Schon kurz nach dem Urknall war der Kosmos offenbar voller Sternenhaufen.

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"Maisie’s Galaxy" mit einer Rotverschiebung von z = 14,3

(Bild: Finkelstein et.al)

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Das Weltraumteleskop James Webb ist offenbar dabei, bisherige Rekorde beim Blick zurück zum Beginn des Universums zu pulverisieren. Es hat in den ersten Tagen an wissenschaftlichen Beobachtungen womöglich gleich mehrere Galaxien entdeckt, die mit Abstand die ältesten sind, die wir kennen. In verschiedenen wissenschaftlichen Artikeln der vergangenen Tage wird die Entdeckung von Galaxien mit bislang unerreichten Werten bei der sogenannten Rotverschiebung vermeldet.

Darunter sind sogar Kandidaten für Galaxien, die wohl weniger als 200 Millionen Jahre nach dem Urknall existierten. Noch sind die Veröffentlichungen nicht unabhängig überprüft, aber in ihrer Tendenz legen sie erneut nahe, dass das Weltraumteleskop unser Verständnis von den ersten hunderten Millionen Jahren nach dem Urknall tatsächlich revolutionieren könnte.

Online einsehbar ist etwa der Artikel eines Forschungsteams um den Astronomen Steve Finkelstein von der Universität Texas, in dem es um eine Galaxie geht, deren Licht eine Rotverschiebung von über 14 aufweist. Damit hätte sich das Licht von dort auf den Weg gemacht, als das Universum 300 Millionen Jahre alt war. Nach der Tochter von Finkelstein haben sie die auf "Maisie’s Galaxy" getauft. Ein anderes Forschungsteam vermeldet auf der Dokumentenplattform Arxiv sogar den Fund zweier Galaxien mit einer Rotverschiebung von fast 16. Bestätigt sich das, würden wir sie also so sehen, wie sie weniger als 280 Millionen Jahre nach dem Urknall existierten.

Ein anderes europäisches Team vermeldet sogar einen "robusten Kandidaten" mit einer Rotverschiebung von z ≃ 16.7. Deutlich übertroffen werden sie alle jedoch in einem weiteren auf Arxiv veröffentlichten Papier, in dem gar Galaxien mit einer Rotverschiebung von über 20 vorgestellt werden – damals war das Universum nicht einmal 200 Millionen Jahre alt. Sollten die Funde bestätigt werden, hieße das, dass der Kosmos schon weniger als 300 Millionen Jahre nach dem Urknall voller Galaxien war, schreibt Finkelstein.

Geht es darum, die ältesten Galaxien im Universum zu finden, ist dieser Wert für die Rotverschiebung des Lichts entscheidend. Ausgesandt von inzwischen immens weit entfernten Objekten im Weltraum wird es auf dem Weg zu uns durch die Ausdehnung des Raums selbst ins Rote und schließe Infrarote verschoben. Damit ist ihr Wert auch ein Maß für das Alter eines kosmischen Objekts. Vor der Inbetriebnahme des Weltraumteleskops Hubble hatten die ältesten bekannten Galaxien Rotverschiebungen von z = 13,3 und z ≈ 11. Vergleichbare Werte wurden auch in den ersten Aufnahmen des jüngsten Weltraumteleskops gefunden, aber jetzt sieht es danach aus, dass das Gerät in ganz andere Dimensionen vorrückt. Das Ende der Flut an Veröffentlichungen dürfte noch lange nicht erreicht sein.

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Das Weltraumteleskop James Webb wird von den Weltraumagenturen NASA, ESA und CSA betrieben und wurde am 25. Dezember gestartet. Nachdem es sich in einer komplexen Prozedur selbst entfaltet hat, ist es einen Monat später am Lagrange-Punkt L2 angekommen. Hier blickt es abgewandt von Sonne, Erde und Mond ins All, sodass deren Wärmestrahlung das Infrarotteleskop nicht stört. Ein riesiger Schutzschirm blockt diese ab – mit einem Lichtschutzfaktor von einer Million.

US-Präsident Joe Biden hatte der Welt vor zwei Wochen eine erste wissenschaftliche Aufnahme präsentieren dürfen, es folgten beeindruckende weitere Bilder. Aktuell werden die Aufnahmen des Weltraumteleskops direkt veröffentlicht, damit die Wissenschaftsgemeinde schnell lernt, das neue Observatorium und seine Instrumente so gut wie möglich einzusetzen. Und das scheint zu klappen.

Die ersten wissenschaftlichen Aufnahmen des Weltraumteleskops James Webb (10 Bilder)

Die fünf "tanzenden Galaxien" in Stephans Quintett
(Bild: NASA, ESA, CSA, and STScI)

(mho)