Internationale Raumstation: Russland zieht sich vom Rückzieher zurück

Russland könne sich erst aus der ISS verabschieden, wenn die eigene Raumstation betriebsbereit ist, sagt Roskosmos. Das könnte im Jahr 2028 so weit sein.

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Die ISS im Jahr 2011

(Bild: NASA)

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Russland will sich wohl doch nicht unmittelbar nach 2024 aus der Internationalen Raumstation ISS verabschieden, sondern erst, wenn die eigene Raumstation bezugsfertig sein wird. Das wurde der NASA aus Russland mitgeteilt, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf eine anonyme Quelle. Wann das der Fall sein könnte, wurde demnach nicht gesagt, an anderer Stelle war die Jahreszahl 2028 gefallen. Dann könnte die eigene Raumstation fertig sein, meinte demnach Wladimir Solowjow, der Flugdirektor für das russische ISS-Segment, in einem Interview. Dabei hatte das verantwortliche Raumfahrtunternehmen noch in dieser Woche gesagt, dass 2028 der Aufbau erst beginnen könnte.

Bis Russland über eine eigene Raumstation verfüge, müsse Roskosmos jedenfalls auf der ISS bleiben, ist heißt es in dem Bericht. Würde Russland bemannte Flüge für mehrere Jahre aussetzen, würde es sehr schwierig, zum bisher Erreichten zurückzukehren, sagte Solowjow. Nach der anfänglichen Aufregung um den angeblich beschlossenen baldigen ISS-Ausstieg Russlands wird damit deutlich, dass die vage Zeitangabe wohl nicht zufällig war.

Der neue Roskosmos-Chef, Juri Borissow, hatte am Dienstag erklärt, dass Russland die Mitarbeit an der ISS "nach 2024" beenden will. In einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin sagte er, dass die Entscheidung nun gefallen sei. Mit der vagen Zeitangabe hatte er sich offenbar eine Hintertür offen gelassen, denn damit blieb auch eine Fortführung der Kooperation bis hin zum geplanten Absturz der Raumstation im Jahr 2031 möglich. Bei der US-Weltraumagentur NASA hat man darüber hinaus keine offiziellen Ankündigungen erhalten. Kathy Lueders, die NASA-Chefin für die bemannte Raumfahrt, bestätigte Reuters, dass es bislang keine Hinweise darauf gebe, dass sich irgendetwas verändert habe. Die Beziehungen zu Roskosmos seien weiterhin "business as usual".

Noch gibt es keine formelle Einigung über eine über 2024 hinausgehende Zusammenarbeit beim ISS-Betrieb zwischen der NASA, Roskosmos und der europäischen ESA, ergänzt Reuters noch. Am morgigen Freitag stehe ein turnusgemäßes Treffen an, bei dem es auch darum gehen dürfte. Ob danach Klarheit herrscht, ist noch nicht abzusehen. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatten die westlichen Staaten so gut wie jede Zusammenarbeit mit Russland im Raumfahrtbereich gekippt. Auf der ISS sind aber beide Seiten so stark aufeinander angewiesen, dass die Zusammenarbeit bislang weiterläuft. Russland versucht immer wieder, daraus Profit zu schlagen, um sich Vorteile zu verschaffen. Auch das neuerliche Hin und Her um einen möglichen ISS-Ausstieg muss vor diesem Hintergrund gesehen werden.

(mho)