Kohle statt Erdgas: Herausforderung für die Logistik

Kohlekraftwerke sollen für die Stromerzeugung einspringen. Dabei ergeben sich einige Probleme.

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Kohle
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Energieunternehmen arbeiten in Deutschland daran, Kohlekraftwerke als Ersatz für die Verstromung von Erdgas vorzubereiten. Durch eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes im Juli ist das möglich, als Erstes ist das Steinkohle-Kraftwerk Mehrum bereits aus der Reserve an den Markt zurückgekehrt. Nun ergeben sich für die Güterverkehrs-Infrastruktur Herausforderungen.

Wegen der niedrigen Wasserstände haben sich jüngst Einschränkungen für die Rhein-Schifffahrt ergeben, erläuterte das Energieunternehmen EnBW gegenüber heise online, einer der größten Betreiber von Kohlekraftwerken in Deutschland. Für die Kohleanlieferung per Schiff reduzierten sich dadurch die Anzahl noch "einsatzfähiger Schiffe" und der möglichen Lademengen. Mit dem Niedrigwasser würden auch die Transportkosten pro Tonne steigen, was wiederum die Einsatzkosten der Kohlekraftwerke erhöhe.

EnBW habe aber das zweite Quartal 2022 genutzt, um frühzeitig Vorräte an den Kraftwerken aufzubauen, teilte das Unternehmen weiter mit. "Wir verfügen derzeit über einen hohen Bestand." Außerdem seien alle Kraftwerksstandorte von EnBW an Rhein und Neckar an Gleisen angeschlossen und könnten sowohl per Schiff als auch per Bahn mit Kohle beliefert werden. Das Kraftwerk Mehrum allein benötige täglich 5000 Tonnen Steinkohle, diese würden von vier Schiffen über den Mittellandkanal gebracht, berichtete dieser Tage die Süddeutsche Zeitung.

Für den Eisenbahnbereich ergeben sich bei Waggons, Lokomotiven, Betriebspersonal und Trassenkapazitäten Engpässe, berichtete im Juli das saarländische Wirtschaftsministerium, das zu dem Transport von Steinkohle einen Logistik-Gipfel abgehalten hatte, an dem auch der Kraftwerksbetreiber Steag teilnahm. Auf diesem Gipfel hatte Minister Jürgen Barke erklärt: "Wagenmaterial, Lokomotiven und Personal – auch die Trassen müssen verfügbar sein. Die Kapazitäten sind allerdings nicht da." Das Thema Logistik müsse auf Bundesebene auch gemeinsam mit dem Vorstand der Deutschen Bahn thematisiert werden, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie dringlich die Situation sei. Die Deutsche Bahn hat auf eine Anfrage dazu von heise online noch nicht geantwortet.

Steag habe Schwierigkeiten, ausreichende Kapazitäten auf der Schiene für seine saarländischen Kraftwerke zu bekommen, hieß es von dem Unternehmen laut Süddeutscher Zeitung. Auf Twitter schrieb das Unternehmen, es werde die Herausforderung meistern. Dabei würden einige hundert zusätzliche Güterzüge benötigt, um große Mengen Steinkohle in kurzer Zeit zu den Kraftwerken zu bringen. DB-Chef Richard Lutz sagte bereits Ende Juli, was dafür an Güterwaggons benötigt werde, sei momentan nicht vorhanden. Es brauche eine konzertiere Aktion aller Beteiligten, um sicherzustellen, dass es nicht zu Energieknappheiten komme.

Für EnBW geht es neben der verstärkten Beschaffung und dem Transport von Kohle auch um den Flächenbedarf für die Lagerung von zusätzlichen Kohlemengen. Wichtig sei auch die Frage der notwendigen Arbeitskräfte, da die bisherige Personalplanung von den Prämissen des ursprünglichen Kohleausstiegs ausging, teilte das Unternehmen heise online mit. "Wir sind bereits seit mehreren Monaten dabei, unser Personal vor allem im Bereich Brennstoffversorgung punktuell zu verstärken, um zum Beispiel den größeren Mengen angelieferter Kohle gerecht zu werden."

Zur Frage der Herkunft der Steinkohle teilte EnBW mit, 2021 sei sie hauptsächlich aus Russland gekommen. Das Unternehmen habe Ende vorigen Jahres damit begonnen, "das Beschaffungsportfolio weiter zu diversifizieren", um so die Abhängigkeit von russischen Kohlelieferungen zu reduzieren. Das heißt, neben Kolumbien, Südafrika und USA prüfe EnBW weitere Beschaffungsmöglichkeiten aus Australien, Afrika und Asien. Dabei gehe es darum, ob die Geschäftspartner, und auch, ob diese die Kohle liefern können, die für die EnBW-Kraftwerke geeignet sind.

(anw)