1&1 startet 5G-Probebetrieb mit ausgesuchten Teilnehmern

Mit ausgesuchten Teilnehmern hat 1&1 die ersten 5G-Übertragungen getestet, und freut sich. Echte Kunden müssen noch eine Weile zuwarten.

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Mast mit diversen Mobilfunkantennen

1&1 legt Wert darauf, nicht von "dominierenden Herstellern aus China" abhängig zu sen.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Deutschlands viertes Mobilfunknetz macht Fortschritte. Die United-Internet-Tochter 1&1 Mobilfunk berichtet, im Juli erste "Live-Tests unter realen Bedingungen und im echten Kundenverhalten" aufgenommen zu haben. Genutzt wurde dabei das eigene 5G-Moblifunknetz, das 1&1 gerade aufbauen lässt. Die Testergebnisse hätte die eigenen Erwartungen übertroffen, erzählt die Firma.

Bei den Tests seien Datenübertragungen von mehr als einem Gigabit pro Sekunde gelungen. In 24 Stunden seien pro Kunde etwa acht Terabyte übermittelt worden, die das Unternehmen auf Linkedin mitteilt. Stolz ist 1&1 nicht zuletzt auf die geringe Latenz von nur drei Millisekunden unter idealen Bedingungen. Will heißen: Wenig Last im Netz und die Datenpakete laufen nicht ins öffentliche Internet, sondern nur zu einem Gamingserver in der Edge-Cloud, also an der Mobilfunkbasisstation oder sonst in Nutzernähe installierte Server.

Im Vollausbau soll das 1&1-Mobilfunknetz mehr als 500 über Deutschland verteilte Edge-Rechenzentren nutzen. Das reduziert für ausgewählte Daten und Dienste nicht nur die Signallaufzeiten, sondern entlastet auch die Datenleitungen.

Echte Kunden möchte 1&1 ab nächstem Sommer auf sein 5G-Mobilfunknetz lassen, schreibt das Unternehmen. Bis dahin wird natürlich keine bundesweite Abdeckung stehen. Vielmehr hat 1&1 ein nationales Roamingabkommen mit Telefónica geschlossen, um ein brauchbares Mobilfunkangebot machen zu können. Derzeit betätigt sich 1&1 als virtueller Mobilfunkanbieter (MVNO) ohne eigenes Netz und setzt auf die Dienste Vodafones und Telefónicas. Spätestens 2030 muss 1&1 mindestens die Hälfte aller deutschen Wohnsitze mit seinem eigenen Mobilfunknetz erreichen.

Aufbau und Betrieb des 1&1-Netzes übernehmen der japanische Rakuten-Konzern, der dabei auf offene Netzstandards (Open RAN) setzt. Das bedeutet, dass statt spezialisierter Hardware stark auf Standard-Hardware und Virtualisierung gesetzt wird. Weil der Netzbetreiber nicht mehr unbedingt bei der kleinen Schar spezialisierter Mobilfunkausrüster wie Ericsson, Nokia und Huawei einkaufen muss, soll das Kosten senken und die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten reduzieren.

Allerdings setzt 1&1, soweit bekannt, in weiten Bereichen auf einzelne Anbieter, nämlich Rakuten und dessen Tochterfirmen, sowie, für wichtige Kernnetzbestandteile, Nokia. Mehrere Lieferanten für die gleichen Bereiche wurden bislang nicht präsentiert. Weniger Komplexität spart zwar Geld, doch macht man sich damit erst recht wieder von einem Lieferanten abhängig. Der beworbene OpenRAN-Vorteil gerät ins Wanken.

Um Geld einzunehmen, möchte die Mutterfirma United Internet laut einem Bericht ihre Portale GMX und Web.de verkaufen. Und in der leisen Hoffnung, Geld zu sparen, bittet 1&1 um die kostenfreie Zuteilung weiterer Mobilfunk-Frequenzen anstatt der etablierten Auktionen.

(ds)