Unfreiwilliger Selbstversuch: Wie sich Apples AirTags im Großstadt-ÖPNV schlagen

Ein verlorener Schlüssel, ein daran befestigter AirTag und die Jagd auf einen Bus: Im Praxistest zeigt sich, ob das "Wo ist?"-Findenetz funktioniert.

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AirTags in Hüllen von Apple

Diverse Apple-Anhänger für AirTags.

(Bild: Apple)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Dienstagnachmittag: Ich stehe im Eingangsbereich meines Büros und taste die Kleidung ab – und fühle: nichts. Auch in der Tasche des Rucksacks ist der vermaledeite Schlüssel nicht zu finden. Wo ist das Ding nur? Ich habe doch jetzt gleiche eine wichtige Videokonferenz!

Kurz zuvor war ich aus dem endlich einmal pünktlichen Bus gestiegen und hatte mich schon gefreut, dass ich stressfrei meinen Arbeitsplatz erreichen würde. Mir fällt ein, dass an dem Schlüssel ein Anhänger mit einem von Apples AirTags hängt. Ich greife zu meinem iPhone und starte die "Wo ist?"-App. Und siehe da: Der Schlüssel ist an einem anderen Ort und scheint sich im fließenden Verkehr zu bewegen. Ich muss das Ding auf dem Sitz im Bus liegengelassen haben. Eine Minute später kommt auch schon die Benachrichtigung auf mein Handy, dass ein Gegenstand zurückgelassen worden sei: mein Schlüssel.

Ich überlege kurz, was zu tun ist. Ich weiß, wohin der Bus fährt. Da könnte ich doch einfach hin? Ich verlasse das Gebäude, renne zur Straße und versuche, mir mittels App ein Taxi zu besorgen. Doch Pustekuchen: Das von mir bestellte Fahrzeug steckt im Verkehr fest. Ich sehe bei einem Blick zur Seite, dass der nächste Bus nach meinem gerade eingelaufen ist. Ich renne hin und steige ein, frage den Fahrer, ob er das Fahrzeug im Fahrplan vor ihm kontaktieren könne. Kann er aber nicht: Offenbar gibt es keine Funkverbindung und/oder eine Zentrale, die man zwischenschalten könne. Immerhin bekomme ich die Information, dass der Bus mit meinem Schlüssel an der Endhaltestelle wohl erstmal kurz Pause macht. Also fahre ich mit in der Hoffnung, rechtzeitig anzukommen.

Währenddessen aktiviere ich den "Verloren"-Modus des AirTag, damit dieser sich regelmäßig mit dem Standort meldet. Hier kann man auch eine Telefonnummer angeben, die ein ehrlicher Finder mit iPhone dann hoffentlich kontaktiert.

Während der Fahrt schaue ich immer wieder in die "Wo ist?"-App. Der Schlüssel bewegt sich, manchmal scheint er für Minuten nicht mehr aktiv zu sein. Dann starte ich die App kurz neu und bekomme wieder eine aktuelle Position gefunkt. Schließlich bleibt der AirTag plötzlich stehen – offenbar ist der Bus an der Endhaltestelle angelangt und der Fahrer macht sein Päuschen. Der Bus, in dem ich sitze, steckt unterdessen im Ampelstau fest. Ich frage mich, ob ich es wohl noch schaffe.

Eine Haltestelle vor der Endhaltestelle, an der mein Schlüssel offenbar immer noch wartet, wird es mir zu blöd. Ich steige aus, bedanke mich nochmal beim Fahrer für seine Hilfe und sage ihm, dass ich versuchen werde, den Bus an der Gegenhaltestelle abzupassen, denn ich vermute, dass das Fahrzeug mittlerweile seine Pause beendet hat. Er meint, dass das klappen könne. Schnell überquere ich die Straße. In der "Wo ist?"-App tut sich seit fünf Minuten nichts. Der Schlüssel scheint immer noch an der Endhaltestelle zu sein. Oder hat ihn doch jemand mitgenommen? Das befürchtete ich schon die ganze Zeit.

Ich schaue auf den Fahrplan. In drei Minuten soll der Bus eigentlich kommen – und es müsste "mein" Bus sein. Aber der AirTag meldet immer noch, er sei woanders. Da ist der Bus. Ich steige ein und erkenne den Busfahrer. Frage ihn, ob ein Schlüssel gefunden wurde. Der will brav nach Vorschrift wissen, wie der Schlüssel denn aussehe. Ich beschreibe ihn – inklusive des AirTag-Anhängers. Und tatsächlich: Ein netter Fahrgast muss das gute Stück gefunden und abgegeben habe. Grinsend bekomme ich den Schlüssel überreicht, nachdem ich noch schnell meine Adresse und meine Personalausweis-ID angeben habe – Ordnung muss sein. Der Busfahrer und ich umarmen uns fast. Er erzählt mir, er habe ein iPhone. "Dann habe ich den AirTag ja über Sie getrackt", sage ich grinsend. An der Videokonferenz nehme ich die ersten Minuten lang aus dem Bus teil. Der fährt ja praktischerweise genau da hin, wo ich gerade hergehetzt kam: In Richtung meines Büros.

Fazit: So unschön das Erlebnis war – die AirTags funktionieren, wenn alles gut geht, prima. Und es gibt kaum ein schöneres Gefühl als einen verloren geglaubten Gegenstand unversehrt zurückzuerhalten. Doch all das klappt eben nur, solange man sich in einer Gegend befindet, in der ausreichend Apple-Geräte vorhanden ist, um die Standortmeldung weiterzureichen. Und auch dann kostet es manchmal Nerven. "Kannst du auch nur in einer Großstadt machen. Hier wäre das kaum möglich", meint ein Kollege, der ländlicher lebt. Da hat er, was die Genauigkeit anbetrifft, wohl recht – auch wenn iPhones zunehmend überall verbreitet sind, die den zentralen Bestandteil von Apples Findenetz stellen.

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(bsc)