Atomkraftwerk Saporischschja: IAEA verschafft sich vor Ort ersten Überblick

Das Team der Internationalen Atomenergiebehörde hat auf einer ersten Runde das von Russland besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja besichtigt.

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IAEA-Generalsekretär Rafael Mariano Grossi vor Block 3 des Atomkraftwerks Saporischschja.

(Bild: IAEA auf Tweitter)

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Das Inspektionsteam der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hat auf dem Gelände des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja eine erste Besichtigung absolviert. Dabei habe sein Team schon einmal wichtige Bereiche gesehen, sagte IAEA-Generalsekretär Rafael Mariano Grossi in einer kurzen Stellungnahme via Twitter.

Welche Schlüsselareale es sind, die das 14-köpfige IAEA-Team gesehen hat, sagte Grossi nicht. Es sei noch viel zu tun, das Team werde in Saporischschja bleiben. Am wichtigsten sei dabei, dass die IAEA daran arbeite, fortdauernd in dem Gebiet anwesend zu sein.

Das Atomkraftwerk in der Südukraine wurde Anfang März dieses Jahres zu Beginn der russischen Invasion in die Ukraine von russischem Militär besetzt. Offenbar finden zumindest rund um das AKW-Gelände Kämpfe statt, das Gelände selbst soll mehrfach beschossen worden sein. Dadurch seien Gebäude und wichtige Stromleitungen beschädigt worden, hieß es. Russland und die Ukraine machen sich dafür gegenseitig verantwortlich. Auch am Donnerstag sollen das Atomkraftwerk sowie mehrere Städte rund um Saporischschja erneut unter heftigen Beschuss geraten sein.

Solche Vorfälle steigerten die Sorge des IAEA-Generalsekretärs, der zuvor schon Bedenken wegen der Belegschaft des Atomkraftwerks geäußert hatte. In Saporischschja arbeitet die Stammbelegschaft, anfangs habe sie keine Schichtwechsel vornehmen können, hieß es. Wegen der schwierigen Arbeitsbedingungen sei die Sicherheit gefährdet, mahnte Grossi. Knapp drei Wochen nach der Besatzung konnte offenbar erstmals in dem AKW ein Schichtwechsel stattfinden.

Das AKW Saporischschja ist mit seinen sechs Reaktoren das größte in Europa, es ist seit 1985 in Betrieb. Die IAEA will dort die physischen Schäden auf dem Anlagengelände analysieren und bewerten, die Funktionstüchtigkeit der Sicherheitssysteme kontrollieren, den Zustand und die Arbeitsbedingungen des Betriebspersonals überprüfen sowie "dringende Safeguard-Aktivitäten durchführen", wie es die deutsche Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) erläutert.

Der AKW-Betreiber Energoatom wirft der russischen Seite vor, die Besucher der IAEA zu behindern und zu täuschen, die Besichtigung werde inszeniert. Sie störten den Mobilfunk und damit die Übertragung von Fotos und Videos von Saporischschja aus. Militär-Lkw, die sich sicherheitswidrig in Betriebsgebäuden befänden, würden als Teil der Ausrüstung von AKW-Sicherheitskräften ausgegeben. Die IAEA bekomme keinen Zugang zu einem "Krisenzentrum", das die Besatzer auf dem AKW-Gelände eingerichtet haben sollen.

Die russische staatliche Nachrichtenagentur TASS berichtet, Einwohner der Staat Enerhodar nahe dem AKW hätten Grossi eine Petition mit 20.000 Unterschriften übergeben. Darin werde gefordert, die Ukraine solle "Provokationen" gegen das AKW einstellen.

(anw)