Tim Cook gegen RCS: "Kauf Deiner Mutter ein iPhone"

Google stichelt seit Jahren, dass Apple den SMS-Nachfolger RCS auf dem iPhone einführen soll. Apple-Chef Tim Cook antwortete auf der Code Conference.

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Kara Swisher (von links) mit Jony Ive, Laurene Powell Jobs und Tim Cook

(Bild: Code Conference)

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Besitzer eines iPhones werden den SMS-Nachfolger RCS in absehbarer Zeit nicht bekommen. Apple-Chef Tim Cook reagierte auf der Code Conference 2022 auf den von Nutzern und vor allem von Google geäußerten Wunsch. Cook trat zusammen mit Laurene Powell Jobs, Witwe des verstorbenen Apple-Mitbegründers Steve Jobs, und dem früheren Chefdesigner Jony Ive auf.

In einer Fragerunde wurde Cook darauf angesprochen, dass iPhone-Nutzer ohne Zuhilfenahme eines anderen Messengers keine technisch zeitgemäße Möglichkeit haben, mit Besitzern von Android-Geräten zu kommunizieren. Im konkreten Fall sagte der Fragesteller, dass er seiner Mutter, die ein Android-Smartphone besitzt, gerne von seinem iPhone aus ein Video zusenden würde. Apples Nachrichten-App unterstützt neben dem eigenen iMessage-Dienst, der lediglich mit anderen Apple-Geräten kommuniziert, aber nur die in die Jahre gekommenen SMS-Nachrichten.

Cooks Antwort darauf war schlichtweg, dem Fragesteller zu raten, seiner Mutter ein iPhone zu kaufen. Dem Ansinnen des Fragestellers, dass Apple den herstellerübergreifenden, aber von Google stark beförderten RCS-Standard einführt, erteilte er eine Absage: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere Nutzer von uns verlangen, dass wir da viel Energie reinstecken. Ich würde Sie gerne zu einem iPhone bekehren."

Der Rich Communication Standard (RCS) ermöglicht unter anderem Gruppenchats und Datenübertragungen – also Funktionen, wie sie von Messengern wie WhatsApp und Signal bekannt sind. Es gibt auch eine Anzeige, wenn die Gegenseite etwas tippt und die Möglichkeit, Bilder und Videos zu übertragen. Im Gegensatz zu den einzelnen Apps handelt es sich aber um einen infrastrukturbasierten Dienst.

Google stichelt immer wieder gegen Apple, zuletzt in einer Anzeigenkampagne, in der Apple aufgefordert wird, das in den USA genannte "Texting" (SMS-Verschicken) zu reparieren. Kritiker von RCS beanstanden die nicht fest implementierte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und den großen Einfluss der Mobilfunknetzbetreiber, die lange Zeit mit SMS-Diensten viel Geld verdient haben.

Cooks Auftritt galt eigentlich dem gemeinsamen Erinnern an Steve Jobs und an dessen Einfluss auf Technologie und Kultur. Die prominenten Gäste waren zu Ehren der Journalistin Kara Swisher erschienen, die seit vielen Jahren die damals AllThingsD genannte Konferenz moderiert und in dieser neben anderen Größen der Technologiebranche auch mehrmals Jobs zu Gast hatte. Zitate seiner Auftritte werde selbst über ein Jahrzehnt danach immer noch gerne in Berichterstattungen herangezogen.

Um eines ging es auch in der Erinnerungsrunde. So nannte Jobs schon vor zwölf Jahren den Datenschutz als ein besonderes Anliegen. "Steve hat dem Unternehmen schon in den ersten Tagen die Bedeutung des Datenschutzes eingetrichtert, und mit jedem Jahr, das seitdem verstrichen ist, ist diese Bedeutung noch gewachsen", erinnert sich Tim Cook. Bei Apple herrsche deshalb die Vorstellung vor, dass Datenschutz ein grundlegendes Menschenrecht ist, das auch und vor allem in der digitalen Welt Anwendung finden muss.

"Wir sehen eine Welt, in der die Privatsphäre in den Hintergrund tritt und überall eine Art Überwachungsmodus herrscht, eine Welt, in der die Menschen anfangen, weniger zu tun und weniger zu denken. Sie beginnen, ihr Verhalten zu ändern, weil sie wissen, dass sie beobachtet werden. Und das ist keine Welt, in der jemand von uns leben möchte", gab Cook eine Einschätzung zur aktuellen Situation.

Cook verteidigte indessen Apples eigenes Geschäft mit Anzeigen in der Suche des App Stores. Eine Studie zeigte zuletzt auf, dass Apples Datenschutzbemühungen mit der App Tracking Transparency dazu geführt haben, dass das Suchanzeigengeschäft von Facebook und Google schrumpft, während Apple selbst zulegt. "Wir haben nie gesagt, dass digitale Werbung etwas Schlechtes ist", sagte Cook. "Was nicht gut ist, ist das Absaugen der Daten von Menschen, wenn sie dies nicht auf einer informierten Basis tun."

Weitere Themen waren unter anderem die Bedeutung des Designs und die aktuelle geopolitische Situation. Laut Jony Ive, dessen Zusammenarbeit mit Apple im Sommer offiziell endete, seien es nicht alleine wirtschaftliche Interessen gewesen, die Jobs und ihn dazu bewegt hätten, sehr viel Liebe zum Detail zu zeigen. Es habe sich vielmehr um Wertschätzung für die Menschen gehandelt, wohingegen Nachlässigkeit zugunsten höherer Einnahmen eine Geringschätzung darstelle.

(mki)