Erste Mars-Aufnahmen des James-Webb-Weltraumteleskops

Infrarotlicht des Roten Planten als besondere Herausforderung. Spektroskopie bringt zusätzliche Informationen über die Oberfläche und die Atmosphäre des Mars.

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(Bild: Shutterstock)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Knobloch

Das James-Webb-Weltraumteleskop hat am 5. September 2022 seine ersten Bilder und Spektren vom Mars aufgenommen. Das Teleskop "bietet mit seiner Infrarotempfindlichkeit eine einzigartige Perspektive auf unseren Nachbarplaneten und ergänzt die von Orbitern, Rovern und anderen Teleskopen gesammelten Daten", schreibt die Europäische Weltraumorganisation (ESA) auf ihrer Webseite.

Der "einzigartige Beobachtungsposten" des Teleskops in fast 1,5 Millionen Kilometern Entfernung am Sonne-Erde-Lagrange-Punkt 2 (L2) ermögliche einen Blick auf den Teil der sonnenbeschienenen Seite des Mars, der dem Teleskop zugewandt ist, so die ESA. "Dadurch kann Webb Bilder und Spektren mit der nötigen spektralen Auflösung aufnehmen, um kurzfristige Phänomene wie Staubstürme, Wettermuster und jahreszeitliche Veränderungen zu untersuchen und in einer einzigen Beobachtung Prozesse zu erfassen, die zu verschiedenen Zeiten (Tageszeit, Sonnenuntergang und Nachtzeit) eines Marstages auftreten."

(Bild: NASA/ESA/CSA/STScI and Mars JWST/GTO team)

James Webb soll das Infrarotlicht des Rotes Planeten aufspüren, eine besondere Herausforderung, da das Telekop gebaut wurde, um das extrem schwache Licht der am weitesten entfernten Galaxien im Universum zu erfassen. Der Mars gehört aufgrund seiner relativen Nähe aber zu den hellsten Objekten am Nachthimmel. Die Instrumente von Webb sind so empfindlich, dass das helle Infrarotlicht vom Mars ohne spezielle Beobachtungstechniken blendet und ein Phänomen verursacht, das als "Detektorsättigung" bekannt ist. Die Astronomen stellten sich laut ESA auf die extreme Helligkeit des Mars ein, indem sie sehr kurze Belichtungszeiten verwendeten, nur einen Teil des Lichts maßen, das auf die Detektoren traf, und spezielle Datenanalysetechniken einsetzten.

Die ersten Webb-Bilder vom Mars, die von der Nahinfrarotkamera (NIRCam) aufgenommen wurden, zeigen eine Region der östlichen Hemisphäre des Planeten bei zwei verschiedenen Wellenlängen oder Farben des Infrarotlichts. Das erste Nahinfrarotspektrum des Mars, das vom Nahinfrarotspektrographen (NIRSpec) aufgenommen wurde, zeigt, wie gut Webb den Roten Planeten mit Spektroskopie untersuchen kann. Die Astronomen werden laut ESA die Merkmale des Spektrums analysieren, um zusätzliche Informationen über die Oberfläche und die Atmosphäre des Planeten zu erhalten.

"In Zukunft wird Webb diese bildgebenden und spektroskopischen Daten nutzen, um regionale Unterschiede auf dem Planeten zu erforschen und nach Spurenstoffen in der Atmosphäre zu suchen, darunter Methan und Chlorwasserstoff", schreibt ESA.

Laut eigenen Angaben betreibt die europäische Weltraumbehörde zudem zwei Mars-Orbiter, Mars Express und den ExoMars Trace Gas Orbiter, die eine Fülle von Erkenntnissen über die Atmosphäre und Oberfläche des Roten Planeten geliefert haben. Der ursprünglich für September 2022 vorgesehene Start des europäischen Mars-Rovers der ExoMars-Mission verzögert sich aber wohl um Jahre. Darüber hinaus arbeitet die ESA mit der japanischen Raumfahrtbehörde (JAXA) an der Mission Martian Moons eXploration (MMX) zusammen, die demnächst zum Marsmond Phobos starten soll.

Das Weltraumteleskop James Webb wird gemeinsam von der US-Weltraumagentur NASA, der ESA und kanadischen Weltraumbehörde CSA betrieben und wurde am 25. Dezember gestartet. Nachdem es sich in einer komplexen Prozedur selbst entfaltet hat, ist es einen Monat später am Lagrange-Punkt L2 angekommen. Hier blickt es abgewandt von Sonne, Erde und Mond ins All, sodass deren Wärmestrahlung das Infrarotteleskop nicht stört. Ein riesiger Schutzschirm blockt diese ab – mit einem Lichtschutzfaktor von einer Million. Aktuell werden die Aufnahmen des Weltraumteleskops direkt veröffentlicht, damit die Wissenschaftsgemeinde schnell lernt, das neue Observatorium und seine Instrumente so gut wie möglich einzusetzen.

Ein beeindruckendes erstes Foto zeigte tausende Galaxien. Seitdem sind zahlreiche, teils spektakuläre Aufnahmen hinzugekommen, facettenreiche Einblicke in heftige Sternentstehung genauso wie faszinierende Infrarotaufnahmen des Jupiter oder die Aufnahme einer Sternentstehung in der Wagenradgalaxie.

(akn)