Mozilla: Youtube bietet kaum Kontrolle über Videovorschläge

Der "Daumen runter"-Button und andere Tools, den Youtube-Algorithmus zu beeinflussen, sind laut einer Mozilla-Studie ineffektiv. Mozilla fordert mehr Kontrolle.

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Kolkata,,India,-,July,24,,2022:,Social,Internet,Service,Youtube

(Bild: Shutterstock.com/photosince)

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Nutzerinnen und Nutzer von Youtube haben unzureichende Möglichkeiten, auf den Algorithmus einzuwirken. Das geht aus einer Studie hervor, die die Mozilla Foundation am Dienstag veröffentlicht hat. Demnach lassen die von Youtube bereitgestellten Werkzeuge weniger als die Hälfte der unerwünschten Empfehlungen verschwinden.

Mozilla hat vier von Youtube bereitgestellte Möglichkeiten untersucht, die dem Algorithmus manuell auf die Sprünge helfen können: User können Videos einerseits mit dem "Daumen runter"-Button abstrafen. Außerdem können sie markieren, dass sie an einem Video kein Interesse haben, oder komplett alle Empfehlungen von einem bestimmten Kanal abschalten. Schließlich erlaubt es Youtube noch, ein Video aus dem Wiedergabeverlauf zu entfernen.

Alle diese Tools beeinflussen künftige Empfehlungen – allerdings nicht in ausreichendem Umfang, schließt Mozilla in seiner Studie. Die Daten dafür stammen von der Browser-Erweiterung RegretsReporter, die Mozilla selbst entwickelt hat. Freiwillige können sich die Erweiterung installieren, um unerwünschte Youtube-Videos bei Mozilla zu melden und so bei der Untersuchung zu helfen. 22,722 Nutzerinnen und Nutzer sollen das Tool verwendet haben, schreibt Mozilla in seiner Studie (pdf).

Durch einen Vergleich mit einer Kontrollgruppe schließt Mozilla darauf, wie effektiv die einzelnen Werkzeuge zur Algorithmus-Einflussnahme arbeiten. Der "Daumen runter"-Button verringerte die ungewünschten Videoempfehlungen demnach nur um 12 Prozent verglichen mit den Usern der Kontrollgruppe, die keine Algorithmus-Tools nutzten. Die Option "Das Video gefällt mir nicht" lag mit elf Prozent etwa gleichauf.

Effektiver war im Test, für den über 500 Millionen Videos analysiert wurden, die Option "Keine Videos von diesem Kanal mehr empfehlen". Sie filterte 43 Prozent der unerwünschten Videos. Entfernten User manuell ein Video aus dem Wiedergabeverlauf, bekamen sie 29 Prozent weniger unpassende Videoempfehlungen angezeigt.

Als unpassende Empfehlung definierte Mozilla dabei Youtube-Empfehlungen für Videos, die bereits abgelehnten Videos ähneln. Um ähnliche Videos zu identifizieren, setzte Mozilla neben einer KI auch menschliche Prüferinnen und Prüfer ein. Die Ergebnisse hat Mozilla auf einer Webseite zur Studie aufbereitet.

Gegenüber dem US-Technikmagazin The Verge kritisierte Youtube die Studie von Mozilla: Die Werkzeuge seien bewusst so entworfen, dass sie nicht alle mit einem Thema verwandten Inhalte blockieren. Damit wolle man verhindern, dass Echokammern entstehen. Mozilla habe das bei seiner Untersuchung nicht berücksichtigt.

Zusätzlich zur quantitativen Studie befragte Mozilla 2700 Personen direkt zu ihren Erfahrungen mit den Youtube-Algorithmen. Viele der Befragten klagten dabei über fehlende Möglichkeiten, den Algorithmus zu beeinflussen. Unter anderem beklagten die User, dass der Algorithmus sich die genutzten Inputs offenbar nicht lange merke, weil nach einer gewissen Zeit wieder gehäuft schlechte Videoempfehlungen aufgetaucht seien. Andere berichteten von großem Arbeitsaufwand beim Vermeiden unpassender Empfehlungen: Mindestens eine Person berichtete etwa, sie logge sich bei Youtube aus, um bestimmte Videos anzusehen.

Die Mozilla Foundation fordert Youtube-Mutter Google dazu auf, Nutzerinnen und Nutzern stärkere Werkzeuge zur Einflussnahme auf den Algorithmus bereitzustellen. Insbesondere sollten User auch in der Lage sein, ihre Erfahrung proaktiv zu gestalten, schreibt Mozilla. Youtube solle Forscherteams außerdem die Untersuchung des Algorithmus erleichtern.

(dahe)