Internetfreiheit 2022 weltweit erneut zurückgegangen, auch in Deutschland

Im diesjährigen Bericht über die weltweite Internetfreiheit malt Freedom House einmal mehr ein düsteres Bild. Deutschland landet jetzt auch hinter Georgien.

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(Bild: Suriyawut Suriya/Shutterstock.com)

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Weltweit ist die Internetfreiheit im Jahr 2022 zum zwölften Mal in Folge zurückgegangen: Mehr als drei Viertel der Menschheit leben inzwischen in Staaten, die Menschen dafür bestrafen, wenn sie online ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben. Das hat die US-Nichtregierungsorganisation Freedom House ermittelt und Belege im Bericht "Freedom on the Net 2022" zusammengetragen.

Am größten war der Rückgang bei der Internetfreiheit demnach in Russland, wo die Staatsführung nach dem Angriff auf die Ukraine die Bemühungen noch einmal verstärkt habe, die Opposition zu unterdrücken und unabhängige Medien mundtot zu machen. Unter anderem wegen der Freigabe des Staatstrojaners und Änderungen am Telekommunikationsgesetz werden auch Deutschland zwei Punkte abgezogen.

Überblick über die weltweite Situation in Bezug auf Internetfreiheit

(Bild: Freedom House)

Insgesamt habe man ermittelt, dass das Internet fragmentierter sei als je zuvor, fasst Freedom House zusammen. Eine Rekordzahl von Regierungen schränke inzwischen ein, was Milliarden Menschen online ansehen und veröffentlichen können. Repressive Regime würden in den jeweiligen Staaten, aber auch international, "das offene Internet in einen Flickenteppich repressiver Enklaven aufzuteilen, in denen sie ihre engstirnigen Interessen durchsetzen und ihren Machterhalt festigen können". Weil gleichzeitig aber immer mehr Aspekte unseres Lebens ins Internet abwandern, werde es immer wichtiger, die Internetfreiheit zu stärken, um die Freiheit allgemein zu schützen. Digitale Unterdrückung treibe einen breiteren demokratischen Abstieg in der Welt an, der Kampf dagegen sei deshalb essenziell.

Auf der benutzten Skala von 0 bis 100 wurden die stärksten Rückgänge bei der Internetfreiheit in Russland (-7), Myanmar (-5), Sudan (-4) und Libyen (-4) konstatiert. Vor allem Moskau habe die früheren Anstrengungen zur Unterdrückung von Widerspruch im Internet noch einmal intensiviert. Darüber hinaus hätten so viele Regierungen wie noch nie Internetseiten mit nicht gewalttätigen politischen, sozialen oder religiösen Inhalten blockieren lassen, mehrheitlich sei es um Informationen gegangen, die von außerhalb der Landesgrenzen stammen. In Bezug auf die analysierten Staaten der Europäischen Union wird vor allem die Blockade russischer Staatsmedien aufgelistet, für Deutschland werden mehrere Blockaden von Streaming-Seiten aufgeführt, die gegen das Urheberrecht verstoßen.

Trotz des anhaltenden negativen Gesamttrends führen die Autoren und Autorinnen aber auch auf, dass in diesem Jahr so viele Staaten wie noch nie insgesamt eine Verbesserung bei der Internetfreiheit verzeichnen würden. Gezählt habe man insgesamt 26, größere Sprünge gab es demnach in Gambia und Simbabwe (jeweils +3). Als Antwort auf die Gefahr durch autoritäre Regierungen hätten sich Demokratien zusammengetan, um für eine positive Vision des Internets einzutreten. Viele müssten in ihren eigenen Staaten noch erhebliche Verbesserungen durchsetzen. Marginale Verbesserungen hat die Organisation demnach auch in den USA festgestellt, dort gebe es weniger Berichte über gezielte Überwachungen und online registrierte Belästigungen.

Für Deutschland konstatiert die Organisation, dass die Unterschiede bei der Internetanbindung zwischen den Alten und Neuen Bundesländern geringer geworden sei, kritisiert wird der schleppende BReitbandausbau. Außerdem hat die Bundesrepublik auf Anordnung aus Brüssel den Zugang zu russischen Staatsmedien blockiert. Durch eine Anpassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) umfasst das nun in Teilen auch Messenger wie Whatsapp, die deswegen stärker mit Strafverfolgungsbehörden kooperieren müssten. Unter den insgesamt 70 untersuchten Staaten steht die Bundesrepublik mit Japan auf dem siebten Platz, hinter Island, Estland, Costa Rica, Kanada, Taiwan, überholt wurde die Bundesrepublik von Großbritannien und Georgien.

(mho)