Twitter schließt Büros am Freitag: Massenhafte Entlassungen erfolgen per E-Mail

Eine Woche nach der Übernahme durch Elon Musk werden am Freitag wohl tausende Angestellte entlassen. Die Kündigungen erfolgen per E-Mail, die Büros sind zu.

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(Bild: Tada Images/Shutterstock.com)

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Eine Woche nach der Übernahme durch Elon Musk werden am heutigen Freitag wohl Tausende Mitarbeiter von Twitter aus einer E-Mail erfahren, dass sie gefeuert wurden. Das berichten US-Medien übereinstimmend und berufen sich auf eine Nachricht des Unternehmens, in der das Prozedere erklärt wird. Dazu würden die Büros am Freitag geschlossen, alle Angestellten wurden heimgeschickt. Um 9 Uhr Ortszeit am Hauptquartier in San Francisco werde jeder und jede Angestellte eine E-Mail mit dem Betreff "Deine Rolle bei Twitter" erhalten, aus der hervorgeht, ob die Anstellung beendet wurde oder nicht. Entlassen werden dürften nach früheren Berichten etwa die Hälfte der 7500 Angestellten.

In der E-Mail, deren Wortlaut The Verge öffentlich gemacht hat, heißt es: "Wir wissen, dass das eine unglaublich schwierige Erfahrung ist." Dann werden die Adressaten und Adressatinnen an die Vorgaben erinnert, denen zufolge keine vertraulichen Informationen in sozialen Netzen oder an die Presse weitergegeben werden dürfen. Dem Wall Street Journal zufolge haben mehrere Angestellte vorab ihren Zugang zu internen Kommunikationsmöglichkeiten verloren, sie gingen davon aus, dass sie ihre Jobs verlieren. Gegenüber der New York Times spricht ein Branchenexperte von einer "willkürlichen Säuberung" wenige Tage vor den immens wichtigen Zwischenwahlen in den USA.

"Es hat nichts Visionäres oder Innovatives an sich, Angestellte per E-Mail zu entlassen", kritisiert Jesse Lehrich von Accountable Tech weiter. Es gehe um "Leute mit speziellem Fach- und tiefem institutionellem Wissen", während Musk noch nicht einmal ein grundlegendes Verständnis für das Geschäft entwickelt zu haben scheine. Die Zeitung erinnert daran, dass er im US-Bundesstaat Kalifornien Massenentlassungen vorab ankündigen muss. Das sei offenbar nicht erfolgt, legen Äußerungen der zuständigen Behörde nahe. Intern wurden die anstehenden Ereignisse demnach bereits als "Rote Hochzeit" bezeichnet, eine Anspielung auf ein Massaker in "Game of Thrones".

Anders als Musk nahelegt, hilft die rasant verlaufende Entlassungs- und Kündigungswelle nicht nur dabei, Twitter gewissermaßen gesundzuschrumpfen. Angestellte, die bereits vor dem 1. November das Unternehmen verlassen haben, verloren dadurch fällige Aktienzuteilungen. Anderen wurden Berichten zufolge unrealistische Arbeitsziele gegeben, inklusive Arbeitszeiten nach Feierabend und am Wochenende. Werden die Ziele nicht erreicht, können die Betroffenen fristlos entlassen werden und verlieren den Anspruch auf ihre Abfindungen.

Musk hat Twitter im Zuge der milliardenschweren Übernahme 13 Milliarden US-Dollar als Schulden aufgebürdet. Allein für die Zinsen werden nun jährlich eine Milliarde US-Dollar fällig, bislang musste Twitter pro Jahr 50 Millionen US-Dollar abbezahlen. So viel Geld wie jetzt nötig ist, nimmt Twitter bislang nicht einmal insgesamt ein. Eigentlich will Musk mit neuen Angeboten und Funktionen neue Einnahmequellen erschließen. Das gelingt in der Regel nur über mehr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, aktuell sieht es aber nach dem Gegenteil aus.

Intern werden die Vorgänge seit der Übernahme vor einer Woche als chaotisch angesehen, berichtet die Washington Post. Demnach wird das Arbeitsklima mit dem im Weißen Haus unter Donald Trump verglichen. Wie dort erfahren Angestellte aus Tweets von wichtigen Veränderungen, etwa den Plänen zu dem ausgebauten Abo-Angebot rund um den blauen Haken. So sei bereits in Slack die Frage gestellt worden, ob man damit beginnen solle, Funktionen bei Twitter einzubauen, die Musk nur auf Twitter, aber eben nicht intern angekündigt hat. Von der Unternehmensführung habe es bis zu ebenjener jetzt erfolgten Ankündigung der Entlassungen per E-Mail keine Informationen in das Unternehmen gegeben.

(mho)