Experten: Ägypten spioniert Teilnehmer der Weltklimakonferenz aus

Sicherheitsberater warnen die Delegierten des COP27-Klimagipfels davor, die offizielle Smartphone-App der gastgebenden ägyptischen Regierung zu verwenden.

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(Bild: BigTunaOnline/Shutterstock.com)

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Die offizielle Android-App, die Entsandten aus aller Welt die Teilnahme an der UN-Klimakonferenz COP27 im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich erleichtern soll, fordert verdächtig viele Berechtigungen. Nicht genannte westliche Sicherheitsberater warnten Delegierte daher vor dem Einsatz der Mobil-Anwendung, berichtet das Online-Portal Politico. Sie befürchten demnach, dass die Befugnisse der App missbraucht werden könnten, um private E-Mails und andere Nachrichten sowie sogar Telefongespräche zu überwachen.

Dem Bericht zufolge sind selbst Chatbotschaften, die über verschlüsselte Kommunikationsdienste wie WhatsApp ausgetauscht werden, laut zwei externen IT-Sicherheitsexperten angreifbar. Die Anwendung verschaffe dem ägyptischen Ministerium für Kommunikation und Informationstechnologie, das sie entwickelt hat, Backdoor-Privilegien. Regierungsmitarbeiter könnten die Mobilgeräte von Nutzern so etwa heimlich durchsuchen.

Die App sei "ein Überwachungsinstrument, das von den ägyptischen Behörden als Waffe eingesetzt werden könnte, um Aktivisten, Regierungsdelegierte und alle Teilnehmer der COP27 zu verfolgen", beklagte Marwa Fatafta, Leiterin der Abteilung für digitale Rechte für den Nahen Osten und Nordafrika bei der Bürgerrechtsorganisation Access Now. Auch ein Security-Spezialist, der die App untersuchte, soll sie als "Cyberwaffe" bezeichnet haben.

Tausende Teilnehmer haben das Programm laut "Politico" bereits heruntergeladen, darunter Vertreter aus Deutschland, Frankreich und Kanada. Den Gipfel besuchten bereits Staats- und Regierungschefs wie Bundeskanzler Olaf Scholz, der neue britische Premierminister Rishi Sunak sowie der französische Präsident Emmanuel Macron. Er läuft offiziell noch bis 18. November.

Auf Smartphones mit dem Android-Betriebssystem von Google hat die App die Erlaubnis, Gespräche der Nutzer auch in Räumen selbst dann abzuhören, wenn sich das Gerät im Ruhezustand befindet. Zwei Analysten zufolge könne die Anwendung auch den Standort von Personen über die integrierten GPS- und WLAN-Funktionen verfolgen.

Die ägyptische Regierung reagierte nicht auf Bitten um Stellungnahme. Von Google hieß es, das Programm sei überprüft worden, ohne Verstöße gegen die Richtlinien des eigenen App-Stores feststellen zu können. Elias Koivula von der Cybersicherheitsfirma WithSecure erklärte, er habe zumindest keine Beweise dafür gefunden, dass etwa E-Mails von Personen bereits ausgelesen worden seien. Einzelne geforderte Berechtigungen könnten potenziell dazu verwendet werden, die Aufenthaltsorte und die Kommunikation von Personen auszuspionieren. Die Menschenrechtsbilanz der ägyptischen Regierung gilt als nicht sonderlich gut. Beobachtern zufolge schneidet das Land auch bei den Internetfreiheiten schlecht ab.

(mki)