"Vorsicht, Kunde" - womit Kunden immer wieder Ärger haben

Die Geschichten der c’t-Rubrik "Vorsicht, Kunde" schreibt das Leben. Durch sie konnten wir im Laufe der Jahre vielen Lesern zu ihrem Recht verhelfen.

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Von
  • Tim Gerber
Inhaltsverzeichnis

Die c’t-Rubrik "Vorsicht, Kunde" dokumentiert die Leidensgeschichte vieler Kunden mit unterschiedlichen Problemen. Durch sie konnten wir im Laufe der Jahre vielen Lesern zu ihrem Recht verhelfen. Einige Fälle sind typisch für weit verbreitete Schwierigkeiten von Verbrauchern.

Für viele Nutzer ist es ein Supergau, wenn ihr Internetanschluss nicht mehr funktioniert. So geschehen beim Provider-Wechsel im Fall von Jürgen W. Ein Anbieterwechsel zur Deutschen Glasfaser führte dazu, dass sein Internetanschluss kurz vor Weihnachten plötzlich tot war. In der Nacht hatte der bisherige Provider die Verbindung abgeschaltet. Sein neuer, die Deutsche Glasfaser (DG), hatte ihn offenbar nicht wieder aktiviert. Am späten Nachmittag des 20. Dezember erhielt Jürgen W. zwar eine Willkommensmail der Deutschen Glasfaser, aber der Anschluss funktionierte immer noch nicht.

Techniktrends und Kaufberatung

Am folgenden Morgen rief Jürgen W. bereits ein zweites Mal bei Deutsche Glasfaser an, aber auch da konnte man ihm nichts Neues sagen. Wenige Minuten nach seinem Anruf erhielt er aber immerhin eine Bestätigung, dass seine Störungsmeldung aufgenommen wurde, auch wenn der Text nichts Konkretes enthielt: "Unser Techniker-Team arbeitet bereits intensiv und mit höchster Priorität an der Störungsbehebung", hieß es in der Mail. "Wir können Ihnen aktuell leider noch kein Enddatum nennen. Sobald wir über ausreichende Informationen verfügen, nennen wir Ihnen gern umgehend ein Enddatum. Wir halten Sie auf dem Laufenden", versprach die DG.

An einem solchen Verteilerkasten von Deutsche Glasfaser musste ein Modul ausgetauscht werden. Das hätte lange vor Weihnachten erfolgen können.

(Bild: heise online / anw)

Trotz täglicher Anrufe und E-Mails des Kunden tat sich bis zu den Feiertagen nichts. Bei seinen täglichen Anrufen hörte Jürgen W. sogar immer wieder, dass sein Anschluss in Ordnung sei, nur die Verbindung zwischen Netzabschlussgerät (NT) und seinem Router funktioniere wohl nicht.

Anfang des folgenden Jahres stand Jürgen W. noch immer ohne Internet da. Wir kontaktierten Anfang Januar die Pressestelle der DG und baten um Auskunft zu dem Vorgang. Nun erschien bald ein Techniker vor Ort, der innerhalb weniger Minuten feststellte, dass er den Verteilerkasten einige hundert Meter vom Haus der W.s entfernt aufsuchen müsse. Es stellte sich heraus, dass in der Verteilung der Steckplatz für den Anschluss von Jürgen W. ausgefallen war. Der Techniker musste nur das Modul tauschen. Der Provider hätte die Störung also ohne Weiteres auch gleich am 20. Dezember beheben können, statt den Kunden über Weihnachten und Neujahr ohne Internet und Festnetztelefon zu lassen.

Da die Politik inzwischen erkannt hatte, wie sehr ein solcher Ausfall den Alltag auch in privaten Haushalten beeinträchtigt, hatte sie zu Anfang Dezember 2021 das Telekommunikationsgesetz angepasst. Neu ist unter anderem, dass Kunden bei Störungen pauschal einen Schadensersatz von mindestens 5 Euro pro Tag geltend machen können. Das gilt allerdings erst ab dem dritten Tag der Störung. Ab dem fünften Tag gibt es dann aber auch schon mindestens 10 Euro. Bei Anschlüssen, die im Monat mehr als 100 Euro kosten, kann es auch mehr sein, nämlich 5 Prozent davon ab dem dritten und 10 Prozent ab dem fünften Tag. Die für die Zeit der Störung wegfallenden Entgelte können die Provider allerdings gegenrechnen.

Gerade in den ersten Monaten nach Vertragsbeginn gelten für Neukunden oft aber erst mal Sonderrabatte oder Nulltarife. Geht es dann mit dem Wechsel schief wie bei Jürgen W., hatte der Kunde bisher das Nachsehen und der Provider im Grunde keine Kosten, also auch keine Motivation, die Störung rasch zu beseitigen. Dem trägt das neue Gesetz durch Mindestbeträge Rechnung, die dem Kunden selbst dann zustehen, wenn er aktuell gar keine monatlichen Kosten für den Anschluss hat. Einen konkreten Schaden durch den Ausfall müssen die Kunden nicht mehr nachweisen.

Verbraucherrechte im neuen TKG

Voraussetzung ist lediglich, dass man die Störung dem Provider nachweislich gemeldet hat. Damit die Provider den drohenden Schadensersatz nicht vereiteln, hat ihnen der Gesetzgeber die Pflicht auferlegt, solche Meldungen unverzüglich für den Kunden nachweisbar zu dokumentieren. Wird die Störung nicht binnen zweier Tage behoben, muss eine Mitteilung über die geplanten Maßnahmen und das voraussichtliche Ende an den Kunden folgen.

Betroffene sollten vor allem auf eine sofortige saubere Dokumentation ihrer Störungsmeldung achten und im Zweifel sofort die Bundesnetzagentur als zuständige Aufsichtsbehörde informieren, wenn ihr Provider dieser Pflicht nicht wie im Gesetz gefordert unverzüglich nachkommt. Nicht zuletzt dank unserer Berichte scheint das Gesetz rasch Wirkung entfaltet zu haben. Jedenfalls sind uns in der Folge keine weiteren solchen Fälle geschildert worden.