Kindesmissbrauch: Innenminister fordern Vorratsspeicherung von IP-Adressen

Die Innenministerkonferenz hat sich "über Parteigrenzen hinweg" für längeres Aufbewahren von Nutzerkennungen ausgesprochen und nimmt Klima-Kleber ins Visier.

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Vorratsdatenspeicherung

(Bild: asharkyu/Shutterstock.com)

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Den Innenministern von Bund und Ländern reicht die Initiative von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) für das Einfrieren von Verkehrsdaten im Verdachtsfall (Quick Freeze) nicht aus. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) begrüßte nach der dreitägigen Konferenz in München am Freitag die Einigkeit in dieser Frage: Die Ressortchefs hätten sich "über Parteigrenzen hinweg geeint" dafür ausgesprochen, "dass wir längere Speicherfristen von IP-Adressen dringend brauchen, um den sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet besser und effektiver verfolgen zu können". Von der Innenministerkonferenz (IMK) gehe "ein wichtiges Signal" aus.

Im Vorfeld schon hatte der IMK-Vorsitzende, der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), betont: "Ein wirksames Instrument zur Bekämpfung von schweren Straftaten wie Kinderpornografie und Kindesmissbrauch haben wir nur, wenn IP-Adressen gespeichert werden. Wir brauchen deshalb umgehend eine gesetzliche Neuregelung". Es gelte, die die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) aufgezeigten Spielräume konsequent zu nutzen.

Bayerische Regierungsvertreter drängeln in dieser Frage bereits seit Monaten, nachdem der EuGH die hiesige allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung als unvereinbar mit dem EU-Recht erklärte, aber Ausnahmen etwa für IP-Adressen für möglich hielt. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kämpft für eine anlasslose Speicherung solcher Nutzerkennungen und zugehöriger Portnummern. 2021 hatte die IMK sich aber auch bereits für die "Login-Falle" als Alternative zur Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen.

Die Justizministerkonferenz unterstützte Anfang November den von Buschmann vorgelegten Gesetzesentwurf für Quick Freeze im Gegensatz zum Gremium der Innenminister als "grundrechtsschonende und verfassungskonforme Lösung".

Auch die derzeit pausierenden Proteste von Klima-Klebern beschäftigte die Konferenz. Beuth erklärte zu den jüngsten Aktivitäten der "Letzten Generation" wie der Blockade von Straßen und des Berliner Flughafens, dass die Sicherheitsbehörden des Bundes ein umfassendes Lagebild über die Gruppierung erstellen soll. Angesichts der "steigenden Intensität und Radikalität" der gezielten Aktionen "müssen wir sie wachsam in den Blick nehmen und künftig womöglich als kriminelle Vereinigung behandeln". Zumindest sähen die Innenminister von CDU und CSU "die Notwendigkeit, dass diesem Verdacht, der sich aufdrängt, nachgegangen wird".

Faeser ergänzte, die Runde sei sich einig gewesen, dass derlei Vorgänge die "wichtige gesellschaftliche Akzeptanz für den Kampf gegen den Klimawandel" zerstörten. Wenn Straftaten begangen und andere Menschen gefährdet würden, "ist jede Grenze legitimen Protests überschritten". Die Straftäter müssten konsequent verfolgt werden.

Weiteres Top-Thema war der Schutz kritischer Infrastrukturen (Kritis) nach den Sabotage-Akten gegen die Nord Stream-Pipelines sowie der Bevölkerungsschutz. "Wir machen unser Land krisenfester", versicherte die Bundesinnenministerin dazu. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) erhalte im gerade beschlossenen Bundeshaushalt für das nächste Jahr 146 neue Stellen und wachse damit um ein Drittel. Auch die Länder seien nun gefordert, in diesem Bereich "massiv zu investieren".

Herrmann kritisierte dagegen die im Haushalt vorgesehenen 5,5 Millionen Euro für ein künftiges bundesweites Sirenenförderprogramm als "schlechten Witz". Diese reichten nicht einmal ansatzweise aus. Die Länder hatten vom Bund im Frühjahr innerhalb der nächsten 10 Jahre rund 10 Milliarden Euro für einen Stärkungspakt Bevölkerungsschutz gefordert.

"Ein modernes Sirenennetz ist – neben Cell Broadcast – unverzichtbar für eine effektive Warnung der Bevölkerung", stellte der Christsoziale klar. Die IMK sei zumindest übereingekommen, dass das zum Jahresende auslaufende einschlägige Sonderförderprogramm "verstetigt und mit erheblichen neuen Mitteln ausgestattet werden muss." Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) unterstrich: "Gerade in den Bereichen des Bevölkerungsschutzes und der Cyberangriffe wird es zukünftig immer mehr darum gehen, sich gemeinsam und abgestimmt – auch mit der EU und der Bundeswehr – den Bedrohungen zu stellen."

(mki)