IT-Beraterin: Viel Arbeit, viel Geld

In den Top-Beratungshäusern sind aller guten Dinge drei: viel Arbeit, hohes Einkommen, rascher Aufstieg. Ein Protokoll über eine junge Frau in der IT-Beratung.

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(Bild: Anikin Stanislav/Shutterstock.com)

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Peter Ilg
Inhaltsverzeichnis

"Ich heiße Luisa Stürner, bin 28 Jahre alt und Managerin in der IT-Beratung. Mein Karriere-Level in Verbindung mit meinem Alter zeigt, dass ich engagiert, motiviert, aber vor allem auch zielstrebig bin. Das sind die Auswirkungen meiner kontinuierlichen Verbesserungsmentalität. Zufriedenheit bedeutet Stillstand. Ich möchte mich persönlich und beruflich konsequent weiterentwickeln. Das ist mein großes Ziel. Ich finde, dass Leben lernen heißt und dieser Prozess nie enden sollte. Meine Zeit möchte ich sinnvoll nutzen. In internationalen Projekten unterschiedliche Kulturen kennenlernen, die Welt erkunden, Karriere machen. Deshalb habe ich mich ganz bewusst für eine Stelle in einem Top-Beratungshaus entschieden. Mein Job hilft mir dabei, meinen Lebenstraum zu leben. Mag pathetisch klingen, ist aber Realität.

Luisa Stürner arbeitet in ihrem Traumberuf IT-Beraterin.

(Bild: Luisa Stürner)

Aufgewachsen bin ich in Aalen, einer Kleinstadt im Osten Baden-Württembergs. Ich war am technischen Gymnasium und besuchte die 11. Klasse an einer High School in China. Gelebt habe ich in einer chinesischen Gastfamilie. Es war schon eine eindrückliche Erfahrung für mich als Teenagerin in einem Land, in dem das Leben sich ganz grundsätzlich von unserem unterscheidet. Als ich wieder zu Hause war, konnte ich chinesisch sprechen und schreiben. Heute hilft mir das im Job.

Nach dem Abitur habe ich Wirtschaftsinformatik mit dem Schwerpunkt internationales Management studiert. Der Theorieteil fand an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg statt, der Praxisteil bei Hewlett-Packard (HP) in München. Meine theoretischen und praktischen Auslandssemester absolvierte ich in Johannesburg, Südafrika, und Dublin, Irland. Nach meinem Bachelor-Abschluss hätte ich zwar bei HP bleiben können, doch zu der Zeit war keine für mich interessante Stelle vakant. Schon in den praktischen Teilen des Studiums habe ich festgestellt, dass ich den Kundenkontakt mag und er mir liegt. Ich wollte weiterhin international arbeiten und unbedingt reisen. Das alles war mir sehr wichtig und meine Kriterien bei der Stellensuche, deren Erfüllung mich in die IT-Beratung geführt hat. Das Studium der Wirtschaftsinformatik ist eine gute Grundlage dafür.

heise jobs – der IT-Stellenmarkt

Zu Arbeitsplätzen und Stellenangeboten in der IT-Branche siehe auch den Stellenmarkt auf heise online:

Im Oktober 2016 habe ich als Junior Consultant bei MHP in Ludwigsburg angefangen. Die Management- und IT-Beratung ist ein Tochterunternehmen von Porsche und bei dieser Mutter überrascht es nicht, dass die Automobilbranche eine unserer Spezialindustrien ist. Daher kommen wir, damit kennen wir uns aus: sowohl im Management als auch in der IT. Die Symbiose dieser beiden Bereiche ist unser besonderer Beratungsansatz.

MHP ist ein junges Unternehmen, es wurde erst 1996 gegründet und hat heute rund 3500 Mitarbeitende, 19 Standorte in Deutschland und sechs in aller Welt, darunter China und die USA, den beiden weltweit wichtigsten Automobilländern. MHP ist sehr schnell sehr stark gewachsen und ich habe davon profitiert. In nicht einmal sechs Jahren bin ich über Consultant, Senior Consultant zur Managerin in diesem Jahr aufgestiegen. Das liegt an meinem intensiven inneren Drang zur Weiterentwicklung, der in Projekten, der Übernahme von Projektleiterrollen und der Steigerung der Volumina in Kundenprojekten stattfand. Nur wer ein Ziel hat, kann es auch erreichen.

Bei mir steckt harte Arbeit dahinter, denn der Aufstieg erfordert zusätzlichen Aufwand. Innerhalb der unterschiedlichen Karrierelevel müssen verschiedene Schulungen neben dem regulären Arbeitspensum gemeistert werden. Unabhängig vom Karrierelevel und sogar noch auf der höchsten Stufe haben alle Führungskräfte stets eine operative Aufgabe. Vorgesetzte managen oder leiten nicht nur, sie sind auch immer in Kundenprojekten verankert. Ich leite aktuell ein IT-Projekt mit etwa 20 Beratenden. Vom Einstieg an bei MHP habe ich mich auf SAPs Customer Relationship Management und Customer Experience spezialisiert. CRM- und CX-Systeme von SAP einführen, integrieren, migrieren, das ist meine Arbeitswelt.

Die Herausforderung in der Beratung besteht darin, Kunden zu überzeugen. Auch davon, dass man ihnen etwas Gutes tun will. Wenn man seinen Job gut macht, ist man gerne gesehen, auch für Folgebeauftragungen. Die andere Anforderung ist, technisch immer auf dem neuesten Wissenstand zu sein. Das fördert die eigene Karriere und die IT der Kunden. Fortbildungen zahlen sich damit doppelt aus.

Corona hat die Beratung völlig verändert. Vor der Pandemie war ich zwischen einem und vier Tagen pro Woche beim Kunden vor Ort. In diesem Jahr sind es insgesamt nur vier Tage gewesen. Beratung findet heute remote über Kollaborationstools statt. Fürs Privatleben ist das gut, weil ich wieder mehr Zeit an einem Ort verbringen kann.

Bei den Kunden ist es wie bei MHP: auch deren Mitarbeitende sind oft nur noch sporadisch im Büro und an diesen Tagen sind sie mit internen Terminen ausgebucht, sodass sie keine externen Berater im Haus haben wollen. Online-Beratung funktioniert, deshalb hat sich auch für die Kunden die Situation verbessert. Die Beschäftigten beider Partien richten sich ihre Wohlfühl- und Komfortzone im Homeoffice ein. Die werden sie nicht mehr verlassen.

Was gleichgeblieben ist, das ist die Arbeitsmenge. Ich arbeite viel und verdiene mehr als der Durchschnitt in Deutschland. Wie hoch mein Einkommen ist, will ich nicht sagen. [Anmerkung der Redaktion: Im Internet ist nachzulesen, dass gute SAP-Consultants in internationalen Top-Beratungshäusern schnell sechsstellig verdienen.]

Das Leben als Managerin ist oft herausfordernd. Ich habe mit zahlreichen unterschiedlichen Themen, Kollegen und Kunden zu tun. Ich will meine Aufgaben mit hohem Qualitätsstandard lösen, den setze ich mir selbst und versuche ihm stets gerecht zu werden. Deshalb verordne ich mir, mich permanent weiterzuentwickeln. Zurzeit arbeite ich daran, ruhiger und gelassener zu werden.

Das hilft mir auf meinem weiteren Weg. Als Managerin bin ich in der Mitte der möglichen Karrierestufen angekommen. Mein Ziel ist es, in den nächsten Jahren zur Senior Managerin aufzusteigen. Die anderen beiden Stufen – Associated Partner und Partner – sind an Formalien und Projekte gebunden, die gemeistert werden müssen. Das sind für mich erreichbare Ziele, doch dauern diese Aufstiege länger als meine bisherigen. Deshalb wird mir die ruhigere Gelassenheit guttun."

Protokolliert von Peter Ilg

Update

Redaktionelle Anmerkung zu Gehaltsinformationen im Internet angepasst (in Absatz 10).

(olb)