"The Callisto Protocol" angespielt: Tod im Weltall

Striking Distance inszeniert mit "Callisto Protocol" einen besonders brutalen Horror-Shooter. Es fehlt ihm aber an Originalität und Spielwitz.​

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(Bild: Striking Distance Studios)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

"The Callisto Protocol" wandelt auf den Spuren des Kult-Hits "Dead Space". Kein Wunder, stecken doch hinter dem Studio Striking Distance der Entwickler Glen Schofield und einige ehemalige Kollegen von Visceral Games, die schon beim Original ihre Finger im Spiel hatten. Wenige Monate vor dem Release des "Dead Space"-Remakes wollen sie mit ihrem neuen Horror-Shooter das Genre aufmischen. Vom großen Vorbild können sie sich aber nicht lösen.

Schon die Story ähnelt "Dead Space": Nach einem Absturz landet Schmuggler Jacob, gespielt von "Transformers"-Star Josh Duhamel, in einem Hochsicherheitsgefängnis irgendwo im Weltall. Seine Haft ist aber nur kurz, denn schon am nächsten Morgen bricht die Hölle los. Personal und Insassen sind nämlich zu Monstern mutiert. Natürlich liegt es an Jacob, dem Geheimnis auf den Grund zu gehen und nebenbei aus dem ganzen Chaos zu flüchten. "Dead Space"-Fans werden so einige Déjà-vus erleben.

"The Callisto Protocol" und "Dead Space" haben nicht nur optische, sondern auch spielerische Gemeinsamkeiten. Jacob stampft behäbig durch die Gegend, nimmt Mutanten auseinander und rüstet sich am 3D-Drucker mit neuen Waffen aus. Schnell findet er auch einen Handschuh, mit dem er Gegenstände oder Monster durch die Luft werfen kann. Praktisch, wenn zufällig mit Stahlstangen gespickte Wände in der Nähe sind. Selten muss sich Jacob wie in einem Stealth-Action-Abenteuer durch Räume schleichen und die Mutanten ausschalten.

"The Callisto Protocol" angespielt (5 Bilder)

Brutaler Durchschnitt: "The Callisto Protocol" bietet nur wenige eigene Ideen. (Bild: heise online)

Jacobs rund 10-stündiges Abenteuer gibt sich bewusst puristisch. Das Inventar ist klein und es dauert eine kleine Ewigkeit, um die Waffe zu wechseln. Das Monsterdesign ändert sich nur selten. Meist sind es unförmige Albtraumgestalten, die zu einem stärkeren Monster mutieren können. Jacob trifft nur auf wenige Feinde auf einmal. Diese sind aber schwer zu meistern: zwei oder drei Treffer und Jacob ist tot. Der Schwierigkeitsgrad ist dadurch selbst auf "Normal" hoch. Einige Angriffe lassen sich unseren Eindrücken nach nur durch Trial-and-Error überleben.

Besondere Missionen gibt es nicht. Jacob muss meistens Türen öffnen, Sicherungen suchen und Stromkreise anwerfen. Das ist alles geradlinig inszeniert, auch weil die Story bis auf das Ende keine großen Wendungen bietet. Die detailreichen Spielorte wechseln vom Gefängnis über einen Eisplaneten bis in ein unterirdisches Forschungszentrum. Wer originelle Schauplätze sucht, ist fehl am Platz. "The Callisto Protocol" erinnert in allen Bereichen deutlich an die "Dead Space"-Trilogie. Nur am Ende, wenn das Spiel etwas in die Psyche seiner Hauptfigur eindringt, löst es sich vom übermächtigen Vorbild. Warum nicht gleich so?

"Dead Space"-Fans wird eine Neuerung aber auffallen: der Nahkampf. Jacob haut mit seinem Sicherheitsknüppel die Monster genüsslich in Stücke oder blockt schwere Angriffe. Allerdings ist es besser, wenn er geschickt ausweicht und kontert. Das sollten Spieler und Spielerinnen unbedingt üben, denn in der zweiten Hälfte des Spiels zwingt der ständige Munitionsmangel regelmäßig zu Nahkämpfen.

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Verliert Jacob einen Kampf, wird er seinerseits vom Monster auf drastische Weise getötet. Abgerissene Arme, zerquetschte Augen oder und halbierte Gesichtshälften lassen keine widerliche Grausamkeit aus. Die Todesszenen nerven schon nach kurzer Zeit. In diesen Momenten fragt man sich, ob etwas weniger Gewalt und mehr Originalität dem Spiel nicht besser getan hätten.

Dazu kommen ärgerliche technische Patzer: In unserer PS5-Version wackelte die Kamera in engen Räumen so sehr, dass wir den Überblick verloren. Die Steuerung ist träge – es dauert viel zu lange, bis Jacob die Waffe wechselt. Unverständlich ist das manuelle Speichersystem. Es ist zwar jederzeit nutzbar, aber Spieler und Spielerinnen werden trotzdem immer an den letzten automatischen Checkpoint zurückgesetzt. Die PC-Fassung wies außerdem zum Launch massive Ruckler auf, die durch einen Patch aber mittlerweile reduziert wurden.

"The Callisto Protocol" ist ein durchschnittlicher Horror-Shooter, der sich frech am großen Vorbild "Dead Space" bedient und sich durch Gewaltexzesse von der Konkurrenz abheben will. Schade, denn in der zweiten Hälfte dreht das Spiel auf und bietet einige knackige Bosskämpfe. Auch die detailreiche visuelle Gestaltung gefällt, während sich das Spiel bei der Steuerung und Speichersystem einige Schnitzer erlaubt. Das alles macht "The Callisto Protocol" zu einem Lückenfüller. Horror-Fans müssen noch bis Ende Januar auf das "Dead Space"-Remake warten, das zumindest nostalgischen Grusel verspricht.

"The Callisto Protocol" ist für Windows, PS4/5 und Xbox One/Series erschienen. Es kostet ca. 80 €. USK ab 18. Für unseren Text haben wir das Spiel auf der PS5 durchgespielt.

(dahe)