Nach Datenskandal durch YouTuber: Gericht befasst sich mit Akten in alter Klinik

Ein YouTuber filmt in einer stillgelegten Klinik, deckt einen Datenskandal auf. Nun läuft ein Prozess, weil dort bis heute sensible Akten lagern.

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(Bild: ItsMarvin / youtube.com (Screenshot aus Video))

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Gregor Bauernfeind
  • dpa
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Vordergründig geht es um einen Streitwert von einigen tausend Euro. Doch bei dem Verfahren, das derzeit am Verwaltungsgericht Minden läuft, geht es nicht zuletzt darum, wie die Misere ausgeht, die die Verantwortlichen im ostwestfälischen Büren bei Paderborn schon seit Jahren beschäftigt: In der Stadt verfällt das Gebäude einer Klinik, die vor mehr als einem Jahrzehnt aufgegeben wurde. Und darin lagern noch Berge von Patientenakten, eingeschlossen in einen "Sarkophag" aus Stahlgittern und Mauern. Wer für die Kosten der Sicherung verantwortlich ist, soll nun das Gericht klären.

Verantwortliche hoffen, dass damit allgemein Bewegung in den Fall kommt. Der habe sich als "unendliche Geschichte" herausgestellt, die nicht zu Ende gehen wolle, sagt der Bürgermeister der 21.000-Einwohner-Stadt, Burkhard Schwuchow. Die Stadt habe großes Interesse daran, dass es auf der Liegenschaft eine Entwicklung gebe – "und dass dieser Missstand behoben wird".

Der Datenskandal hatte 2020 für Schlagzeilen gesorgt. Damals veröffentlichte ein Youtuber ein Video und zeigte, wie er durch eine unverschlossene Tür in das verlassene Gebäude geht und die Akten findet. Die Klinik stand da schon seit mehr als zehn Jahren leer. "Zu dem Zeitpunkt waren die Akten für jeden mit genug krimineller Energie frei zugänglich", sagt Schwuchow. Den früheren Träger habe man aber nicht in der Form erreicht, dass das Problem abgestellt worden wäre.

Also sei es für die Stadt als örtliche Ordnungsbehörde Gebot der Stunde gewesen, den "störenden Zustand" zu beseitigen: Fenster und Luftschächte wurden verriegelt, Türen mit Stahlgittern verschweißt. Und es wurde ein Sicherheitsdienst engagiert, anfangs war er 24 Stunden vor Ort. Laut einer Sprecherin des Verwaltungsgerichts Minden gab es einen "Patientenaktentourismus" von Nachahmern des YouTubers. Schwuchow sagt: "Die konnten alle aufgegriffen werden. Sonst wäre zum wiederholten Male massivst das Datenschutzgeheimnis verletzt worden."

Das Geld für die damaligen Maßnahmen – gut 13.500 Euro – und die laufenden Kosten für die Alarmanlage – gut 300 Euro pro Monat – wollte die Stadt von der Eigentümerin zurück. Doch die klagte dagegen. Das teilt die Sprecherin des Verwaltungsgerichts Minden mit, wo der Fall verhandelt wird. Erster Prozesstag war am vergangenen Mittwoch, das Urteil wird am 6. Januar erwartet.

Der Fall ist verzwickt: Die Klinikbetreibergesellschaft ist längst insolvent. Sie ist – wie die Eigentümergesellschaft, die nun mit der Stadt vor Gericht streitet – eine hundertprozentige Tochter der MK-Kliniken AG, früher Marseille-Kliniken AG. Die MK Kliniken AG reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Ein Sprecher hatte 2020 auf den Insolvenzverwalter verwiesen: Dieser sei für die ordnungsgemäße Entsorgung und Lagerung der Akten verantwortlich.

Schwuchow sagt, er glaube, dass es auch für all jene, die dort Patientenakten hätten, gut sei, dass ein Gericht über das künftige Verfahren mit den Akten entscheide. Wie viele dort noch immer lagern? "Das werden sicherlich weit über 1000 Akten sein", schätzt er. "Wir gehen davon aus, dass sämtliche Akten seit Bestehen dieses Krankenhauses dort lagern." Es ist mehr als 150 Jahre alt.

Auch heute gebe es seitens der Stadt eine große Bereitschaft, "über denkbare Lösungsansätze zu verhandeln". Seine Wunschlösung wäre, sagt Schwuchow auf Nachfrage, dass Vernunft einkehre beim Eigentümer. Dieser könne zum Beispiel ein Krankenhaus in der Region beauftragen, die Akten zu sichten und für die weiter aufzubewahrenden einen Raum zur Verfügung stellen, hofft er. "Damit man mal einen Strich unter die Sache bekommen könnte."

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(tiw)