Netflix verbietet Account-Sharing: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Accounts dürfen bei Netflix nicht mehr geteilt werden, es drohen im Zweifelsfall Sperren. Die wichtigsten Fragen und Antworten für Netflix-Nutzer.

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Dallas,,Texas/,United,States,-,05/10/2018:,(photograph,Of,Netflix,Logo

(Bild: Bernardo Ramonfaur/Shutterstock.com)

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Lesezeit: 6 Min.
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Laut Netflix zahlen mehr als 100 Millionen Haushalte nicht für den Streaming-Dienst, weil sie Accounts anderer Haushalte mitbenutzen. 100 Millionen blinde Passagiere, die das US-Unternehmen gerne zu zahlenden Abonnentinnen und Abonnenten machen würde. Nach Jahren der Toleranz ist das sogenannte Account-Sharing, bei dem mehrere Personen sich ein Abo teilen, bei Netflix nun nicht mehr gerne gesehen. Seit dem 23. Mai geht Netflix auch in Deutschland und Österreich verstärkt dagegen vor. Heise online beantwortet die wichtigsten Fragen zu der Umstellung.

Man darf seinen Account beziehungsweise sein Passwort jetzt nicht mehr ohne Weiteres mit Personen teilen, die außerhalb des eigenen Haushalts wohnen. Wer etwa das Konto der Freundin mitbenutzt, die in einer anderen Stadt wohnt, bekommt bald Warnungen. Geräte oder sogar komplette Profile könnten letztlich gesperrt werden, wenn das Konto weiterhin geteilt wird.

Ein Netflix-Account darf laut den Nutzungsbedingungen nur mit Personen geteilt werden, die im gleichen Haushalt leben. Netflix definiert einen Haushalt als gemeinsamen Wohnort – praktisch darf man Netflix also mit allen Personen teilen, die zusammenwohnen.

Zusätzliche Einschränkungen ergeben sich durch das jeweilige Abo: Im Basis-Abo kann Netflix zu jeder Zeit nur von einem Gerät gestreamt werden, im Werbe- und im Standard-Abo von zwei Geräten und im Premium-Abo von vier Geräten gleichzeitig.

In der Praxis müssen Nutzer in einem ersten Schritt ihren Hauptstandort definieren. Das funktioniert etwa auf dem Fernseher. Unter anderem anhand der IP-Adresse registriert Netflix dann, welche Internetverbindung genutzt wird. Das genaue Verfahren verrät der Streaming-Dienst nicht – wohl aus Angst, Nutzer könnten die Informationen dazu verwenden, das System auszutricksen.

Alle Geräte, die mit dem Heiminternet verbunden sind (WLAN oder Festnetz), sind auf der sicheren Seite. In anderen Netzwerken können Geräte im Zweifelsfall individuell zertifiziert werden, etwa für Reisen. Dafür will Netflix in seinen Apps Hinweisbildschirme einbauen, durch die sich Nutzer klicken können, um auf die Umstände hinzuweisen.

Sollte Netflix bemerken, dass ein Account trotz Warnhinweisen weiterhin geteilt wird, drohen Sperren. Laut einem Netflix-Sprecher kann das sowohl individuelle Geräte als auch komplette Profile betreffen. Ganze Accounts sollen aber nicht gesperrt oder gekündigt werden.

Abgesehen von der Möglichkeit, ein eigenes Abo abzuschließen, kann man bei Netflix nun sogenannte "Zusatzmitglieder" hinzubuchen. Das sind Personen, die den Account mitnutzen dürfen, auch wenn sie außerhalb des Haushalts wohnen. In Deutschland und Österreich kostet es 5 Euro pro Monat, ein Zusatzmitglied hinzuzubuchen. Wie viele Zusatzmitglieder man zum Abo hinzufügen kann, hängt von der Abostufe ab: Im Standard-Abonnement kann man das Konto mit nur einer externen Person teilen, im Premium-Abonnement mit zwei Personen. Im Basis-Abo und im Werbe-Abo kann man keine Zusatzperson hinzubuchen. Das Geld wird immer von der Person abgebucht, die auch für den Haupt-Account zahlt.

Komfortfunktionen helfen beim Umstieg: So ist es seit Kurzem etwa möglich, seinen Sehverlauf aus einem Konto in einen neuen Account zu übertragen. Außerdem hat Netflix sein Account- und Gerätemanagement überarbeitet.

Netflix möchte sicherstellen, dass es sich bei Zusatznutzern auch wirklich um einzelne Personen handelt – und nicht komplette Familien. Zusatzmitglieder können Netflix über ihr Konto daher nur auf einem Gerät gleichzeitig nutzen und Titel nur auf jeweils ein Smartphone oder Tablet zur Offline-Nutzung herunterladen. Zusatzmitglieder können außerdem nur ein einziges Profil erstellen und müssen sich in dem Land befinden, in dem das Hauptkonto angemeldet ist.

Grundsätzlich könnte es möglich sein, die Netflix-Einschränkungen mit privaten VPN-Tunnels zu umgehen – man könnte Netflix dadurch aus der Ferne vorgaukeln, sich tatsächlich im hinterlegten Heimnetz zu befinden. Viele Router, etwa AVMs Fritzboxen, bringen die nötigen Bordmittel mit, um solche VPN-Tunnel einzurichten.

App-Entwickler könnten aber noch andere Tests nutzen, um zu prüfen, wo sich ein Client befindet. Beispielsweise könnte die App über DNS-Anfragen die VPN-Verbindung enttarnen. Wie viele Checks Netflix letztlich implementiert, muss sich erst noch zeigen. Heise online und c't werden in den kommenden Wochen testen, ob und wie man die Netflix-Sperre mit VPNs umgehen kann.

Auf solche Szenarien ist Netflix eigenen Angaben zufolge vorbereitet. Wichtig ist dabei das Handy: Um einen Zweitwohnsitz zu aktivieren, muss man das Mobiltelefon zuerst im Hauptnetzwerk nutzen. Loggt man sich anschließend im Netzwerk des Zweitwohnsitzes ein, dann wird dieser für alle Geräte 30 Tage lang freigeschaltet. Man muss darauf achten, sich an beiden Wohnsitzen mit demselben Account anzumelden.

Man sei zuversichtlich, dass man nach den Tests in Lateinamerika, Kanada und Südeuropa mit solchen Grenzfällen gut umgehen und Ärger bei den Kunden vermeiden könne, sagte ein Netflix-Sprecher heise online. Auch auf Reisen soll man Netflix ohne Einschränkungen nutzen können.

Ja, Netflix geht davon aus, dass viele User ihr Abo als Reaktion kündigen werden. Der Streaming-Dienst hofft aber, dass weitaus mehr Leute bald ein eigenes Abo abschließen werden. So sollen die Kündigungen kompensiert und die Profitabilität am Ende sogar gesteigert werden. Einen solchen Effekt hat Netflix zum Beispiel schon in Kanada festgestellt, wo bereits seit Februar verstärkt gegen Account-Sharing vorgegangen wird. Wachstumspotenzial gibt es sicherlich: Netflix hat weltweit 230 Millionen Abonnenten und verzeichnet 100 Millionen Haushalte, die einen anderen Account mitnutzen.

Update

Dieser Text erschien ursprünglich im Februar 2023 und wurde am 24. Mai 2023 mit neuen Informationen aktualisiert.

(dahe)