Vollautomatisches Scannen von Dias mit modifiziertem Diaprojektor und Kamera

Die Alternative zu den teuren Spezialscannern ist ein umgebauter, gewöhnlicher Diaprojektor. Die Bauanleitung gibt’s auf Github

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(Bild: Thomas Gade)

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  • Thomas Gade
Inhaltsverzeichnis

In der c't Fotografie-Ausgabe 1/23 beschreiben wir drei Apps, die an Software von Adobe andocken: Grain2Pixel, Negative Lab Pro und Negmaster vereinfachen die Umwandlung von abfotografierten Negativen zu Positiven.

Für das Digitalisieren von Diapositiven mit der Kamera sind diese Helfer nicht nötig. Zwar gibt es spezielle Scanner für gerahmte Dias in Magazinen, die sie der Reihe nach digitalisieren. Aber solche Geräte sind teuer und langsam.

c't Fotografie 2/24

Aber auch hier gibt es eine neue Entwicklung, die den Arbeitsaufwand erheblich erleichtert: Das Github-Projekt Filmolino SlideScan ist ein Gerät zum vollautomatischen Scannen von Dias in Magazinen mithilfe eines modifizierten Diaprojektors und einer Digitalkamera. Es steuert den Diaprojektor und die Digitalkamera über einen Kabelauslöser oder eine Infrarot-Fernbedienung (Nikon, Canon, Pentax, Sony, Olympus, Minolta). Die Stromversorgung erfolgt direkt über den Diaprojektor oder über einen Mini-USB-Anschluss. Neue Drahtauslöser und IR-Steuerungen können einfach über die Software hinzugefügt werden.

Die Alternative zu den teuren Spezialscannern ist ein umgebauter, gewöhnlicher Diaprojektor. Sein Objektiv muss man heraus schrauben, um durch die entstandene Öffnung mit einem Makroobjektiv an einer Digitalkamera das Dia abfotografieren zu können. Für das Verfahren ist die Lichtquelle des Diaprojektors nicht geeignet. Deshalb muss man zusätzlich den Lichtschacht öffnen und die darin befindlichen Glasteile und den Halogenbrenner aus ihren Halterungen ziehen. An ihrer Stelle wird ein kleiner Spiegel auf einer 45-Grad-Schräge in den leeren Schacht gestellt, der diffuses Licht aus einer oben aufgelegten LED-Akkuleuchte nach vorn zum Dia umlenkt. Das war es schon.

Der Wechselmechanismus des Diaprojektors lässt sich wie üblich nutzen, um die Dias nacheinander durchzuschieben. Die Kamera wird am besten berührungsfrei mit einem Fernauslöser ausgelöst, um Unschärfe zu vermeiden. Auf diese Weise kann man zügig arbeiten.

Sind viele Diamagazine vorhanden, ist das jedoch eine eintönige Angelegenheit. Besser wäre es, den Vorgang zu automatisieren. Die Schritte zum Modifizieren eines Diaprojektors finden Sie hier.

Die kleine Box (unter dem Diaprojektor) steuert Kamera und Diaprojektor

(Bild: Thomas Gade)

Im Prinzip ist das nicht schwer. Man benötigt eine Elektronik, die abwechselnd den Diawechsel und das Auslösen der Kamera befiehlt. Als fertiges Produkt war so etwas bislang nicht erhältlich. Im vergangenen Jahr stellte Roger Ludwig von der Schweizer Lubasol GmbH einen Prototyp für diesen Zweck vor. Es war ein zigarettenschachtelgroßer schwarzer Kasten mit Anschlüssen für die Kamera und den Diaprojektor. Das Gerät wurde ausschließlich über eine Wi-Fi Verbindung per Smartphone oder Tablet gesteuert

Auf GitHub gibt es dazu eine Selbstbauanleitung. Kurz vor Jahresende folgte ein schickes Gerät mit Display und Tasten, basierend auf dem Fire Modul von M5Stack. Es ist kleiner als ein gewöhnlicher Funkwecker und kann Kameras per Infrarot oder Kabel auslösen. Diaprojektoren lassen sich über einen sechspoligen DIN-Stecker anschließen. Sein Name: Filmolino SlideScan.

Grundsätzlich kann man den ganzen Vorgang über die Tasten starten. Das Smartphone bietet drahtlos jedoch mehr Einstellmöglichkeiten. So lassen sich beispielsweise Pausen zwischen den Vorgängen einstellen. Durch den mechanischen Diawechsel entstehen Erschütterungen, die vor dem Abfotografieren abklingen müssen. Vielleicht nutzt jemand statt einer LED-Leuchte ein Blitzgerät, das nach jeder Aufnahme einige Sekunden benötigt, um wieder startklar zu sein. In diesem Fall sollten einige Sekunden zwischen dem Wechsel und der Aufnahme verstreichen.

Die Tests mit verschiedenen Diaprojektoren und einigen Kameras verliefen gut. Die Technik funktioniert bestens. Probleme sind nur zu erwarten, wenn der Diawechsel nicht reibungslos verläuft. Das wäre aber nicht auf den Filmolino SlideScan zurückzuführen, sondern tritt auf, wenn der Greifer ein Dia nicht richtig zu fassen bekommt oder der Rahmen spitze Ecken hat, die beim Transport verhaken.

Klappt der Diawechsel, ist ein Diamagazin mit 50 Fotos in weniger als fünf Minuten vollständig digitalisiert. Mit einem speziellen Scanner für gerahmte Dias in Magazinen dauert das viel länger. Außerdem kosten solche Geräte neu derzeit etwa 2000 Euro. Gebrauchte Geräte sind erst ab 500 Euro zu haben. Solche Scanner verfügen über eine Technik zum Erkennen von Kratzern und Staub, die ihre Software automatisch retuschiert. Das gibt es beim Abfotografieren nicht, jedoch unterdrückt diffuses Licht stark die Sichtbarkeit von Defekten. Zudem ist die Auflösung beim Abfotografieren mit Sensoren ab 24 Megapixeln und guten Makroobjektiv mindestens so hoch wie jene der speziellen Filmscanner. Werden beim Fotografieren Verfahren wie Pixelshift genutzt, sieht selbst der Referenzscanner Nikon Coolscan 5000 alt aus.

Display des Filmolino.

(Bild: Thomas Gade)

Die Schweizer sind sich noch nicht sicher, wie potenzielle Nutzer an das Gerät herankommen. Wahrscheinlich folgt eine weitere Selbstbauanleitung auf GitHub, aber viele werden damit nichts anfangen können.

Eine Produktion lohnt sich erst, wenn mindestens 100 Filmolino SlideScans bestellt werden, eigentlich eine lächerlich geringe Anzahl. Sie wäre laut den Machern die Mindestmenge, die den Aufwand zur Herstellung und zum Vertrieb rechtfertigt. Auf ihrer Website fragen sie, ob ein Interesse am Kauf des Steuergerätes inklusive Kabel zum Anschluss des Diaprojektors besteht. Dafür berechnen sie 169 Euro. Hinzu kämen die Kosten für den Versand und – falls nötig – des Kabels für die Kamera.

Weitere Informationen gibt es auf ihrer Webseite zum Produkt. Dort kann man auch ein Kaufinteresse hinterlegen.

(tho)