A1 Telekom Austria bleibt unter mexikanischer Kontrolle

América Móvil und die Republik Österreich verlängern ihren Syndikatsvertrag um ein Jahrzehnt. Die Funktürme werden ausgegliedert.

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Diverse Antennen auf Sendemast

Die passiven Teile der Sendeanlagen wandern in eine eigene, börsennotierte Firma, die diese Immobilien fortan vermieten wird.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Seit 2014 hat bei der A1 Telekom Austria (TA) der mexikanische Konzern América Móvil (AMX) das Sagen. Der Konzern wird vom reichsten Mexikaner, Carlos Slim Helús, und einigen Familienmitgliedern dominiert. Die Republik Österreich hält weiterhin eine Sperrminorität an der TA, hat aber mit AMX einen Syndikatsvertrag über die A1 Telekom Austria geschlossen. Dieser Vertrag wird jetzt um zehn Jahre verlängert, AMX erhält mehr Einfluss.

Außerdem haben die beiden Aktionäre beschlossen, die passiven Teile der Mobilfunk-Sendeanlagen der TA in eine eigene Gesellschaft auszugliedern. Die Eigentumsverhältnisse der neuen Firma werden bis auf Weiteres jenen bei A1 entsprechen: AMX hält 51 Prozent, die Republik-Holding ÖBAG 28,42 Prozent, der Rest ist in Streubesitz. Die bestehenden TA-Aktionäre werden dann also zwei Aktien halten, nämlich von der TA und der noch ungetauften Funkturmfirma.

Diese wird fortan von der TA Miete für die Nutzung der Funkmasten kassieren, soll aber auch andere Netzbetreiber als Kunden anlocken, soweit das nicht durch rechtlich vorgeschriebene Standortmitnutzung sowieso schon erfolgt. Die TA betreibt Mobilfunk- und Festnetzgesellschaften in Österreich, Weißrussland, Bulgarien, Kroatien, Nordmazedonien, Serbien und Slowenien. Aus Liechtenstein hat sich die A1 Telekom Austria 2020 zurückgezogen.

Mit dem neuen Syndikatsvertrag haben AMX und ÖBAG vereinbart, dass der TA-Firmensitz in Österreich bleibt und auch die Notierung des Streubesitzes von zirka 20,5 Prozent an der Wiener Börse erhalten bleibt. Im Gegenzug muss die ÖBAG den Vorstandvorsitz und einen weiteren Vorstandsposten aufgeben, wenn die bestehenden Verträge im August auslaufen.

Finanzvorstand Siegfried Mayrhofer, sei März 2000 im Sold der TA, hat bereits seinen Abschied bekanntgegeben. Der Vorstandvorsitz geht dann an AMX, den zweiten Vorstand darf die ÖBAG nominieren, der dritte Posten wird eingespart. Im Aufsichtsratsvorsitzenden und einen weiteren Aufsichtsrat darf weiterhin die ÖBAG stellen. Auch für die neue Funkmastenfirma wird es einen Syndikatsvertrag geben, der parallele Bestimmungen enthalten wird.

Carlos Slim ist 2012 bei der TA eingestiegen. Sie war von jahrelanger Korruption und einem fragwürdigen Einstieg in den Markt der Diktatur Weißrussland gezeichnet. Nach einer sehr teuren Aktion österreichischer LTE-Frequenzen 2013 war die TA dann so angeschlagen, dass Slim 2014 den regionalen Konzern A1 Telekom Austria übernehmen konnte. Sein Übernahmeangebot war mit 7,15 Euro pro Aktie nicht üppig, reichte aber. Diesen Montagabend erzielten TA-Aktien an der Wiener Börse 6,21 Euro.

Als Slims Anteil etwa jenem der Republik-Holding ÖIAG (heute ÖBAG) entsprach, wurde im April 2014 unter peinlichen Umständen der erste Syndikatsvertrag zwischen den beiden Aktionären geschlossen. Die ÖIAG hatte Probleme, vor einer rechtlichen Fallfrist ausreichend Aufsichtsräte zusammenzutrommeln, um den Vertrag unterschreiben zu können. Die fünf Arbeitnehmervertreter boykottierten die Sitzung, weil sie den Syndikatsvertrag ablehnten, und drei Kapitalvertreten waren auf Reisen.

Somit fanden sich von eigentlich 15 Aufsichtsräten nur sechs ein – einer zuwenig für einen gültigen Beschluss. Ein Aufsichtsratsmitglied wurde in letzter Minute eingeflogen, sodass die Papiere kurz vor Mitternacht unterzeichnet werden konnten. Damit übernahm América Móvil die Macht bei der A1 Telekom Austria. Slim ließ weiter TA-Aktien aufkaufen, sodass noch im selben Jahr América Móvil die Aktienmehrheit bei der A1 Telekom Austria übernehmen konnte.

(ds)