Europäischer Tag des Notrufs: Notfalldaten auf dem Smartphone speichern

Europäischer Notruftag: Smartphones bieten je nach Betriebssystem und Hersteller unterschiedliche Möglichkeiten zum Teilen wichtiger Notfall-Infos.

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Inhaltsverzeichnis

Anlässlich des europäischen Tags des Notrufs möchten wir daran erinnern, dass Sie Notfallkontakte oder Notfalldaten in Ihrem Smartphone hinterlegen können. Notfallkontakte können Sie beispielsweise auch informieren, ohne direkt einen Notruf abzusetzen. Vielen Menschen sind diese Funktionen ihres Smartphones nach wie vor nicht bekannt, dabei können diese Daten in medizinischen Notfällen lebensrettend sein, vor allem, wenn die Person nicht in der Lage ist, die benötigten Informationen selbst mitzuteilen.

Abgesehen von der Beantwortung verschiedener Fragen beim Absetzen des Notrufs (Wo ist was geschehen? Wie viele sind betroffen?), gehören medizinische Informationen wie bestehende Krankheiten, allergische Reaktionen und Medikamente, aber auch die Telefonnummern von Notfallkontakten wie Familienmitgliedern oder Freunden zu wichtigen Notfalldaten. Rettungskräfte und Ersthelfer können so gezielter behandeln und Notfallkontakte gegebenenfalls schneller erreichen.

Abhängig vom Hersteller gibt es bei vielen Smartphones eine Möglichkeit, den Standort direkt mit den Notfallkontakten zu teilen. Anders als bei einer durch einen Notruf an die 112 veranlassten Ortung erhalten nur zuvor hinterlegte Notfallkontakte Ihre Standortdaten. Vor allem auf dem Markt der Senioren-Smartphones existieren verschiedene Software- und Hardware-basierte Möglichkeiten, wie extra Knöpfe für den Notfall, auf die wir hier nicht weiter eingehen werden. Für die Weitergabe von Notfalldaten gibt es neben System-Apps diverse weitere im Play Store und im Apple Store. Den Apps aus dem Apple oder Play Store müssen Sie Berechtigungen erteilen, was mitunter etwas kompliziert sein kann. Besonders bei den vielen verschiedenen Android-Geräten kommt es zu deutlichen Abweichungen in der Bedienung.

Geschichte der Notrufnummer 112

Bis 1973 gab es in der Bundesrepublik Deutschland keine einheitlichen Notrufnummern. Dann traten die neuen Regeln des Notrufsystems 73 in Kraft. Damit wurden die Nummern 110 und 112, die bereits seit 1948 regional verwendet wurden, bundesweit verbindlich.

Ausschlaggebend für diese Vereinheitlichung der Notrufnummer war der Tod des achtjährigen Björn Steiger, der 1969 nach einem Verkehrsunfall starb, weil die Rettungskräfte zu spät kamen. Die Eltern des Jungen machten es sich zur Lebensaufgabe, ein bundesweit funktionierendes Rettungswesen zu etablieren und gründeten dazu die Björn-Steiger-Stiftung.

Im Jahr 1991 wurde die 112 als eine einheitliche europaweite Notrufnummer eingeführt, damit Reisende und alle EU-Bürger leichter Notfalldienste erreichen können. Seit 1998 müssen die EU-Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Anrufe bei der 112 kostenlos sind, und seit 2003 müssen die Telekommunikationsbetreiber den Notdiensten Informationen über den Standort des Anrufers übermitteln. Die EU hat bereits 17 Verfahren gegen Länder eingeleitet, die die Notrufnummer nicht zur Verfügung gestellt oder nicht angemessen gehandhabt haben. In einigen Ländern ist die 112 die einzige Notrufnummer für bestimmte Dienste. Seit Dezember 2008 können alle Notrufe in der EU von Festnetz- und Mobiltelefonen aus kostenlos über die 112 gewählt werden.

In der Health-App auf dem iPhone können Sie in einem Notfallpass wichtige Gesundheitsdaten verschlüsselt hinterlegen – etwa die Blutgruppe, lebensnotwendige Medikamente sowie Kontakte, die automatisch eine Nachricht erhalten sollen, wenn Ihnen etwas zustößt. Via "Einstellungen, Health, Notfallpass" und einem Tipp auf "Notfallpass erstellen" legen Sie den Pass auf dem iPhone an. Den Namen übernimmt Health automatisch, weitere Daten wie Ihr Geburtsdatum, Größe und Gewicht fügen Sie hinzu.

Apple: Notfallpass in der Health-App

Falls Sie Allergien oder Vorerkrankungen haben, kann es sinnvoll sein, Medikamente wie Blutverdünner oder Insulin zu hinterlegen. Alle Angaben sind freiwillig, Apple speichert sie verschlüsselt auf dem Gerät. Eine Überwachung der Gehstabilität, Sturzerkennung und im Zusammenspiel mit der Apple Watch sogar eine Messung von EKG und Blutsauerstoffsättigung sind ebenfalls möglich. Unter "Zugriff im Notfall" ermöglicht die Option "Im Sperrzustand zeigen" anderen den Zugriff auf den Notfallpass.

Aufgrund der zahlreichen von den Smartphone-Herstellern angepassten Android-Varianten können wir keine allgemeingültige Anleitung geben. Wir skizzieren daher im Folgenden die Einstellungen für Android 12.

Öffnen Sie die Einstellungen Ihres Android-Smartphones und tippen Sie je nach Gerät auf den Menüpunkt "Sicherheit und Notfälle" oder "SOS-Notfallhilfe". In den Sicherheitseinstellungen wählen Sie "Notfallkontakte", tippen auf "Kontakt hinzufügen" und wählen einen Kontakt aus Ihrem Adressbuch. Die ausgewählte Person wird mittels SMS darüber informiert, dass sie von Ihnen als Notfallkontakt hinterlegt wurde. Typischerweise können Sie bei Android bis zu drei Notfallkontakte hinterlegen.

So oder ähnlich sehen die Notfalleinstellungen unter Android 12 aus.

Ihre Notfalldaten sollten sinnvollerweise einsehbar sein, ohne das Smartphone entsperren zu müssen. Ist diese Option nicht aktiviert, können Sie den "Zugriff auf Notfallinformationen erlauben". Bei einigen Android-Geräten können Sie sie die Notfalldaten mit einem langen Druck auf die Ein/Aus-Taste anzeigen.

Ferner können Sie in den Einstellungen auch einen "Notfall-Schnellzugriff" aktivieren, damit Sie im Notfall mit fünfmaligem, schnellen Drücken der Ein/Aus-Taste direkt ihre Notfallkontakte erreichen, meist unabhängig vom Betriebssystem. Ihr Gerät verschickt dann auf Wunsch eine SOS-SMS mit Ihrem Standort an die hinterlegten Notfallkontakte (Option: "Automatisch SMS mit Standort senden"). Googles App "Notfallinformationen" (Personal Safety) für aktuelle Pixel-Telefone und einige weitere OEM-Geräte mit Android 13 erlaubt es darüber hinaus, automatisch ein Video aufzunehmen und zu verschicken.

Die Datenschutzerklärungen einiger Android-Smartphones weisen darauf hin, dass neben Standortinformationen auch Nutzungsdaten wie der Batterieverbrauch oder die aktuelle Signalstärke erfasst werden. Des Weiteren können Ihre Daten für "interne Zwecke" weitergegeben werden, etwa um zu ermitteln, wie und ob der Dienst genutzt wird.

Neben verschiedenen weiteren und auch analogen Möglichkeiten im Umgang mit Notfalldaten in reger Diskussion steht seit etlichen Jahren ein auf der elektronischen Gesundheitskarte mit oder ohne PIN hinterlegter Notfalldatensatz (NFD), der allerdings nicht oder nur selten eingesehen wird. Sanitäter oder Ersthelfer bräuchten etwa das nötige technische Equipment wie ein mobiles Kartenlesegerät und ein dafür ausgelegtes Tablet. Künftig soll der Abruf der NFD aus der elektronischen Patientenkurzakte möglich sein. Wie genau der Abruf im Rettungsalltag ablaufen wird, ist unklar.

Hinweis: Wir freuen uns, wenn Sie uns Informationen darüber mitteilen, wie und ob das Speichern der Notfallkontakte und -daten auf Ihrem Smartphone funktioniert. Schreiben Sie dazu den Gerätetyp, die Android-Version und eine kurze Beschreibung ins Forum dieses Beitrags. Vielen Dank!

(mack)