50 Jahre Notruf: So ortet die Leitstelle Ihr Mobiltelefon

Rettungsdienste oder die Feuerwehr sollen möglichst schnell am richtigen Einsatzort sein. Dabei hilft eine automatische Standortbestimmung der Anrufenden.

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Feuerwehr, Notruf, Blaulicht
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Lesezeit: 26 Min.
Von
  • Imke Stock
Inhaltsverzeichnis

Die Notrufnummern 110 und 112 wurden am 20. September 1973 durch den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt und die Ministerpräsidenten der Länder eingeführt. Anlass dafür war ein tragischer Unfall eines Achtjährigen, bei dem der Krankenwagen fast eine Stunde brauchte, um bis zum Einsatzort zu gelangen. Daraufhin gründeten seine Eltern die Björn-Steiger-Stiftung und stießen unter anderem zentrale Notrufnummern und den Ausbau der Notrufnetze an.

Der Notruf Anruf baut automatisch eine Verbindung zur nächstgelegenen Rettungsleitstelle auf. Sind Sie als Mobilfunkteilnehmer in einer überlasteten Funkzelle, werden andere Verbindungen in der Zelle schon mal gekappt, denn ein Notruf hat immer Vorrang. Die Einsatzleitstelle der Rettung muss unter anderem Folgendes wissen: Was ist passiert? Und wo genau wird die Hilfe benötigt?

Die Kenntnis des genauen Einsatzortes ist wichtig. Doch nicht alle Hilfesuchenden können ihren Standort exakt benennen, also eine Positionsbestimmung vornehmen. Der Mensch ist fehlbar: sei es fehlende Ortskenntnis, eine eingeschränkte räumliche Orientierung, nicht beschilderte Wege oder unwegsames Gelände. Auch Aufregung und Stress in der Notfallsituation, eine schlechte Audio-Qualität, Sprachschwierigkeiten, ein plötzlicher Gesprächsabbruch vor Nennung des Standortes oder andere Dinge können zu falschen Angaben führen. Die Ermittlung der richtigen Ortsangaben kostet Zeit, die im Notfall fehlt. Falsche Einsatzorte, falsche Anfahrtswege und Verwechslungen müssen vermieden werden. Abhilfe schafft hier bei neueren Smartphones der Dienst Advanced Mobile Location (AML).

Dahinter steckt folgende Idee: Mobilgeräte können dank zahlreicher Sensoren ihren eigenen Standort oft ziemlich gut selbst bestimmen. Applikationen und Dienste greifen auf Standortinformationen zu. AML nutzt diese Standortinformationen, um sie bei einem Notruf automatisch an die Rettung zu schicken.

Advanced Mobile Location ist ein quelloffener Standard zur Übertragung von Standortdaten, um eine automatische Ortung zu gewährleisten. AML ist im Betriebssystem des Smartphones integriert, bei Android seit Version 4 und in Apple iOS ab Version 13.3. Sie müssen also keine zusätzliche App installieren oder aktivieren. Sobald Sie über das Smartphone die Rettungsnotrufnummer 112 wählen, wird parallel während der Kommunikation der Standortdienst im Smartphone, die Feststellung und Übermittlung der Position über AML automatisch aktiviert. Ist die Position bestimmt, übermittelt das Smartphone sie mittels SMS, Daten-SMS (für Android) oder HTTPS an einen Endpunkt. Die folgende Darstellung zeigt den Ablauf der Datenübertragung.

Von dem AML-Endpunkt kann die Rettungsleitstelle (PSAP) die Daten abrufen. AML bleibt nur während des Anrufs aktiv. AML ist das Ergebnis des EU-Projekts "HELP 112", dessen Ziel es war, Standortdaten des Anrufers während eines 112-Notrufs an die Rettungsleitstelle zu übertragen.

(Bild: EENA)

Initiiert wurde das Projekt durch die European Emergency Number Association (EENA). Die EENA ist eine Nichtregierungsorganisation, die das Ziel verfolgt, die Sicherheit und den Schutz der Menschen zu verbessern. Maßnahmen der EENA reichen vom Wissenstransfer über den Ausbau einer besseren internationalen Vernetzung von Notruf bearbeitende Stellen, die Etablierung von Standards hin zu einer Modernisierung der Technik und Nutzung neuer Technologien, zu der auch eine bessere Standortermittlung im Notfall gehört. Die Geschichte der 112 als Notrufnummer für die schnelle Rettung in Deutschland und Europa.